100-Jahre-Feier in Assen mit technischen Leckerbissen
Anlässlich 100 Jahre Dutch TT in Assen hatte der lokale Promoter im Rahmen seines Motul Grand Prix of the Netherlands eine absolut sehenswerte Ausstellung edler, geschichtsträchtiger und vor allem originalgetreuer Rennmotorräder zusammengestellt. Zudem konnte er für Demofahrten am Sonntag nach Beendigung der MotoGP-Kampfhandlungen etliche Prominente (Ex-)Rennfahrer gewinnen.
Ab Samstag füllte sich das Zelt, welches für die Sonderausstellung im Vor-Paddock der «Cathedral of Speed» liebe- und stilvoll hergerichtet wurde. Am Samstagabend waren schon knapp 60 Bikes ausgestellt, allerdings auch noch einige Teppiche unbesetzt. Auch weitere noch separat parat stehende Schautafeln ließen erahnen, dass die Schau für den Haupt-Tag noch erweitert werden würde. SPEEDWEEK.com machte sich zum Streifzug durch die Ausstellung und durch die Rennsport-Historie auf.
Bemerkens- und lobenswert war vor allem die Originalgetreue der Exponate, denn wenngleich die Technik unter den Verkleidungen schon der einen oder anderen Frischzellenkur unterzogen werden musste, waren die ausgestellten Rennmaschinen fast ausschließlich im optischen Originalzustand und nicht mit irgendwelchen artfremden Stickern verschandelt. Die ganz besonderen Ausstellungsstücke der Sonderschau waren originale Ex-Motorräder namhafter Rennfahrer vergangener Tage.
Die ältesten gezeigten Exponate waren überwiegend italienischen Motorradschmieden entsprungen, wie eine 500er Moto Guzzi otto cylindrata 8c des Baujahres 1956, eine Mondial 250 Bialbero von 1957, wie sie den Briten Cecil Sandford zum WM-Titel trug, oder eine Gilera 500 GP des gleichen Baujahres. Mit solch einem Motorrad wurde in jenem Jahr der Italiener Libero Liberati in der Halbliterklasse Weltmeister. Da war die Norton Manx 500 von 1956 fast ein Außenseiter.
Das mutmaßlich ältesten ausgestellte Original-Motorräder von Ex-Rennfahrer waren die Jawa 350 V4 von 1967 des Italieners Silvio Grassetti und die Linto GP 500 Baujahr 1968, die einst dessen Landsmann Alberto Pagani steuerte. Ebenfalls aus böhmischer Produktion war die gezeigte Jawa 250 Modell 677 von 1975, die einst der (Tschecho-)Slowake Peter Balaz pilotierte.
Der erste Sieg eines niederländischen Fahrers bei einem WM-Lauf in Assen gelang 1968 Paul Lodewijkx auf einer Jamathi im Rennen der 50-ccm-Klasse. Auch dieses Original-Motorrad wurde gezeigt. Ebenso die Kreidler van Veen aus dem Jahr 1969 des ebenfalls Ex-Vizeweltmeisters Aalt Toersen.
Sogar ein Weltmeister-Motorrad war die Yamaha TD2B (250 ccm) von Phil Read aus dem Jahr 1971. Ein Jahr später pilotierte der weitere Niederländer Jos Schurgers eine Bridgestone GP125 Baujahr und verliebte sich in sie bis heute. Mit dieser Rennmaschine untermauerte der Reifenhersteller im Rennnsport seine Ambitionen als Motorrad-Produzent, was allerdings nur ein kurzes Intermezzo war.
Zwei Suzuki hatte Marcel Ankone, ebenfalls aus dem Land der Tulpen, in die Sonderschau eingebracht. Diese waren seine TR 750 XR11 von 1975 und RG500 MK I von 1976.
Nach seinem Heimsieg 1977 in Assen im Rennen der 500-ccm-Klasse gegen alle Werksteams war Wil Hartog endgültig zum niederländischen Nationalhelden aufgestiegen. Seinen damaligen Production Racer Suzuki RG500 nennt er noch heute sein eigen und zeigte ihn gern her. Drei Jahre später legte Jack Middelburg mit einer Yamaha YZR 500 nach und gewann ebenfalls die Dutch TT. Auch dieses Motorrad war zu bewundern.
Ebenso die Yamaha Spondon TZ 750 d von 1978 und John Newbold, die MBA 125 Bassotto von 1979 von Rolf Blatter, die Suzuki XR34 RG 500 Baujahr 1980 von Randy Mamola und die Yamaha OW53 YZR500 Baujahr 1981 von Kenny Roberts.
In die Reihe der Weltmeister-Motorräder hätte auch die 350er-Bimota-Yamaha des Südafrikaners Jon Ekerold aus dem Jahr 1980 gepasst, aber diese noch existente Maschine war nicht da. Zum Verwechseln ähnlich sieht dafür die ziemlich gleich lackierte Solo-Yamaha TZ500 aus, mit der Jon Ekerold 1981 sein Glück in der Halbliter-WM versuchte.
Anfang der 1980er-Jahre war der Franzose Raymond Roche ziemlich auf dem Höhepunkt seiner Grand-Prix-Karriere, bevor er die Langstrecken- und Superbike-WM aufmischte. Seine (Werks-)Honda RS 500 Baujahr 1983 zierte die Sonderschau ebenfalls.
Das galt auch für die Suzuki XR45 TGA-1 Baujahr 1984, mit der Franco Uncini versuchte, an seinen größten Erfolg, 500er-Weltmeister des Jahres 1982, anzuknüpfen.
Ein Jahr später schnupperte der Assen-Rekordsieger und 13-malige Weltmeister in den Klassen bis 50 und 125 ccm, der Spanier Angel Nieto, mit einer Garelli GP 250 am Ende seiner langen und erfolgreichen Karriere in die Viertelliterklasse hinein. Von daher war auch dieses Exponat sehr besonders.
Das traf auch auf das LCR-Yamaha-Gespann mit einem der damals üblichen 500-ccm-Zweitaktaggfregaten von Egbert Streuer zu, mit dem der Niederländer 1987 mit seinem Landsmann Bernard Schnieders im Boot und dem markanten Lucky-Strike-Design in Assen gewann. In den drei Jahren zuvor war er jeweils Seitenwagen-Weltmeister.
Mit einer Honda RS125 R von 1989 schenkte Hans Spaan in eben diesem Jahr seinen Landsleuten im Rennen der Achtelliterklasse den bislang letzten Solo-Sieg in Assen.
Jüngere aber nicht minder geschichtsträchtige Exponate waren die 500er Cagiva C594 von John Kocinski aus dem Jahr 1994 und die MuZ-Weber 500 GP1 von 1999 die primär vom mehrfachen italienischen Weltmeister Luca Cadalora und dem Niederländer Jurgen van den Goorbergh sowie fallweise vom Neuseeländer Simon Crafar, dem Australier Anthony Gobert und dem Japaner Noriysu Numata gefahren wurde.
Motorräder aus zumindest Modellreihen, wie sie Fahrern zu Weltmeisterehren verhalfen, waren die Suzuki RM64 (Hugh Anderson, 1964), die Suzuki TR50 (Hans-Georg Anscheidt, 1967), die sagenhafte Sechzylinder-Honda RC 166B F101 (Mike Hailwood, 1967) und natürlich diverse MV Agusta von Giacomo Agostini, wie die 350/5 von 1970 und die beiden GP 500 von 1971 bzw. 1972.
1974 hatte das langjährige MV-Agusta-Aushängeschild seine Landsleute in Richtung Yamaha verlassen und der (Fach-)Welt gezeigt, dass er auch mit anderen Marken schnell ist und gewinnen kann. An seiner Stelle wurde 1974 Phil Read für den Hersteller aus Gallarate 500er-Weltmeister.
Mitte der 1970er-Jahre kam der amerikanische Hersteller Harley-Davidson mit tatkräftiger Unterstützung von Aermacchi und mit Walter Villa vier Mal zu Weltmeister-Ehren. Aus dieser Zeit war die 250 RR von 1974 des Italieners und machte die Sonderschau zu dem was sie war – Weltklasse.
Am Sonntag-Nachmittag wurden diese Motorräder zusammen mit weiteren sowie mehreren Seitenwagen-Gespannen und auch Automobilen der Vorkriegszeit zu einem in einem rund 150 Fahrzeuge umfassenden Peloton für Demo-Runden auf die Strecke geschickt. Aber das ist eine andere Geschichte.