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Yamaha-MotoGP-Werksteam: Nervenkitzel und Gin Tonic

Von Günther Wiesinger
Wie hat es das Yamaha-Management geschafft, in diesem Jahr die beiden Titelanwärter Rossi und Lorenzo bei Laune zu halten? Die Rennmanager Jaravis und Tsuhi geben die Antworten.

Yamaha gewann 2015 in der MotoGP-Klasse die Fahrer-WM, die Team-WM und die Konstrukteurs-WM. «Insgesamt war es ein eindrucksvolles Jahr für uns», erklärte Lin Jarvis, Managing Director von Yamaha Factory Racing. «Wir haben elf von 18 Rennen gewonnen. Und wir haben im Grunde die Weltmeisterschaft vom ersten bis zum letzten Rennen angeführt und dominiert. Valentino hat die WM-Führung beim ersten Rennen in Katar übernommen. Irgendwann nach dem Brünn-GP lag Jorge punktegleich mit Vale an der WM-Spitze. Aber er hatte vier Siege, also war er für zwei Wochen WM-Spitzenreiter. Dann blieben wir bis zum letzten Rennen in der WM vorne. Das passt perfekt zum 60-jährigen Firmenjubiläum.»

Die letzten zwei Wochen seien ein bisschen nervenaufreibend gewesen, sagt Lin Jarvis. «Es ist schon nicht einfach, einen einzelnen Weltmeister zu bändigen, bei zwei wird es noch mühseliger», sagt der Engländer. «Es war kein Kinderspiel, aber wir haben das alles bewältigt; jetzt dürfen wir Jorge zum dritten Titelgewinn mit Yamaha gratulieren.»

Der Japaner Kouichi Tsjuji, MotoGP-Projektleiter von Yamaha Factory Racing, konnte seine Zufriedenheit auch nicht verbergen. «Wir freuen uns für Yamaha, aber auch für alle MotoGP-Fans auf der ganzen Welt. Es war eine grossartige Saison. Wir haben der Welt gezeigt, welch fantastische Events in der MotoGP-Szene erlebt werden können», sagt Tsuji. «Ich bin happy, mit Jorge einen grossen Champion im Team zu haben. Gleichzeitig müssen wir auch Valentino Rossi erwähnen, denn wir haben zwei aussergewöhnliche Fahrer in unserer Box. Wir bemühen uns sehr gewissenhaft, beide gleichwertig zu behandeln. Das ist uns gelungen, worauf wir stolz sind.»

«Ich will mich aber mich aber auch für all die Jahre der Unterstützung bei unserem Reifenpartner Bridgestone bedanken, der jetzt aussteigt. Wir wissen, wie schwierig es ist, zwei Fahrer ebenbürtig zu betreuen. Bridgestone ist es gelungen, über Jahre hinweg bis zu 25 MotoGP-Fahrer mit identischem Material auszurüsten. Das verdient unseren Respekt. Bridgestone hat erstklassige Arbeit geleistet.»

Wie hat Lin Jarvis die spannende Saison bewältigt? Wie hat er die beiden Kontrahenten bei Laune gehalten? Jarvis: «Es ist sicher hilfreich, dass ich weder Italiener noch Spanier bin. das sage ich als Scherz, aber es steckt auch ein Körnchen Wahrheit dahinter. Wenn man sich neutral verhalten will, ist das sehr wichtig. Denn es kamen in diesem Jahr viele nationalistische Einflüsse zum Vorschein. Da war es von Nutzen, Engländer zu sein. Dazu half es, dass ich in diesem Sport viel Erfahrung habe. Ich habe in all diesen Jahren viel positive und manche negative Erfahrungen gemacht. Das hat mir geholfen, in fast allen stressigen Situationen die Ruhe zu bewahren.»

«Ich mache dann keine Sofrologie-Meditation wie Jorge, aber ich liebe Gin Tonic», schmunzelte. «So ein Drink kann am Ende eines schweren Tages Wunder wirken. Man darf nicht in Panik verfallen in diesem Geschäft, man muss ehrlich zu sich selbst sein. Und man muss immer lösungsorientiert handeln.»

Lin Jarvis will nicht mehr ewig über das unrühmliche Ende der Weltmeisterschaft 2015 diskutieren. «Genug ist genug. Wir sollten aufhören mit all dieser Polemik und mit den Spekulationen, welcher Fahrer eventuell welches Vergehen gemacht haben könnte. Nach dem Valencia-GP war es angebracht, sich wieder auf den Sport zu konzentrieren. Ich freue mich, dass Valentino eine fabelhafte Saison gelungen ist. dass er die WM am Schluss nur um fünf Punkte verloren hat, muss für ihn ein schwerer Schlag sein, das kann sich jeder vorstellen. Denn er war vom Beginn weg an erster Stelle. Wir bei Yamaha sind stolz und happy über diese Saison, unsere Gratulationen gelten beiden unseren Fahrern, Jorge und Valentino. Es war immer klar, dass am Schluss nur einen gewonnen könnte. Das ist das Problem mit zwei Spitzenfahrern: Selbst wenn du alles gewinnst, irgendjemand ist unglücklich. Wir können jetzt die Uhren nicht mehr zurückdrehen. Wir blicken in die Zukunft.»

Yamaha ist übrigens nicht einer Meinung mit Rossi, der am Sonntag in Valencia wieder klagte, Márquez habe Lorenzo nie ernsthaft angegriffen, er habe ihn beschützt wie ein Bodyguard. Tsuji: «Wenn ich ehrlich bin, kann ich diesen Vorwurf nicht wirklich nachvollziehen.»

Und was sagt Lin Jarvis? Auch er übt sich in Zurückhaltung. «Ich habe mir die Erklärungen von Marc, Dani und Jorge angehört. Ich habe keinen Grund, den Wahrheitsgehalt ihrer Behauptungen anzuzweifeln. Ich will mir als aussenstehender Beobachter kein Urteil bilden.»

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