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Tom Sykes bei Yamaha: Passt er nicht zur Philosophie?

Von Ivo Schützbach
Seit 2010 fährt Tom Sykes eine ZX-10R und hat Kawasaki zum stärksten Hersteller der Superbike-WM gemacht. Doch seit 2015 Jonathan Rea ins Team kam, ist es für den Engländer ungemütlich – er hegt deshalb Wechselgedanken.

2010 kam Tom Sykes ins Kawasaki-Werksteam, ab 2011 bestimmte er die Entwicklungsrichtung der ZX-10R. 2012 verpasste er den WM-Titel gegen Max Biaggi (Aprilia) um einen halben Punkt (!), im Jahr darauf wurde Sykes Champion. Insgesamt eroberte er 34 Siege und 105 Podestplätze, fuhr 38 Mal die schnellste Rennrunde. Seine 44 Pole-Positions sind Rekord.

2015 kam Jonathan Rea von Honda zu Kawasaki und gewann seither drei WM-Titel in Folge. Nach zehn von 26 Läufen 2018 hat der Nordire bereits 64 Punkte Vorsprung auf den Zweiten Chaz Davies (Aruba Ducati) und liegt schon 82 vor Sykes auf Platz 4.

Bevor Sykes 2016 seinen Vertrag für zwei weitere Jahre mit Kawasaki bis Ende 2018 verlängerte, fragte er sich, ob die ZX-10R das optimale Motorrad für ihn ist – oder ob er auf einer anderen Maschine bessere Resultate erreichen könnte. Damals führte der Engländer intensive Gespräche mit Yamaha, für die er bereits in seinem ersten WM-Jahr 2009 fuhr. Sykes kam damals nie über einen vierten Platz hinaus, während Teamkollege Ben Spies die Hälfte der 28 Rennen gewann und Weltmeister wurde.

Heute ist die Situation eine andere: Sykes ist nach Rea der erfolgreichste Pilot der letzten zehn Jahre, auch dank seines gewieften Crew-Chiefs Marcel Duinker gilt er als hervorragender Entwicklungsfahrer.

Seit Wochen hält sich hartnäckig die Geschichte, Sykes werde für 2019 zu Yamaha wechseln und Donington-Doppelsieger Michael van der Mark werde im Austausch zu Kawasaki kommen. «Das sind nur Gerüchte», grinste Sykes. «Seit Imola war es ruhig, es ist noch nichts passiert. Im Juni wird alles in Schwung kommen.»

Einer deiner Gegner sagte, dass nur ein Dummkopf das Kawasaki-Werksteam freiwillig verlässt. Sykes: «Die Leute meinen immer, dass das Gras auf der anderen Seite grüner ist.»

Die Gründe, weshalb Sykes sich eine Zukunft bei Yamaha vorstellen kann, sind vielseitig.

Erstens glaubt der 32-Jährige, dass die R1 besser zu seinem Stop-and-Go-Fahrstil passt.

Zweitens hofft er bei Yamaha auf ein besseres Gehalt. Dem Vernehmen nach verdient Rea bei Kawasaki seit 2017 deutlich mehr als Sykes. Wegen des Scheidungskriegs mit seiner Frau, der ihn voraussichtlich die Hälfte seines Vermögens kosten wird, kann Sykes Geld gut gebrauchen.

Drittens findet Rea als dreifacher Weltmeister bei den Kawasaki-Technikern immer mehr Gehör, auch wenn Duinker sagt, dass sich das heutige Motorrad in der Basis kaum von jenem aus dem Jahr 2015 unterscheidet, welches zu 100 Prozent auf Sykes’ Kappe geht.

Viertens ist es für Kawasaki unerträglich, dass Rea und Sykes nicht gerade gut miteinander klarkommen. Mehr Harmonie im Team wäre im Sinne der Japaner.

Yamaha lieber mit eigenen Fahrern?

Doch wer den Wechsel von Sykes zu Yamaha für sicher hält, irrt. «Ich gehe davon aus, dass Tom bei Kawasaki bleibt», sagte Rea in Donington.

Außerdem hat Yamaha als erster Hersteller im SBK-Paddock ein Nachwuchsprogramm installiert, das junge Fahrer zuerst in die Supersport-300-WM bringt, und von dort über die Supersport- in die Superbike-WM bringen soll. Der erste Zögling ist 300er-Vizeweltmeister Alfonso Coppola, der dieses Jahr Supersport-WM fährt, aber noch keine Punkte holte.

Yamaha will Donington-Dominator Michael van der Mark behalten, mit Supersport-WM-Leader Sandro Cortese, Weltmeister Lucas Mahias, Jules Cluzel und Randy Krummenacher stehen vier Yamaha-Piloten parat, die gerne in die Superbike-WM aufsteigen würden.

«Unser Motorrad wird mit jedem Rennen besser, wir haben gezeigt, dass wir gewinnen können», sagte Yamaha-Rennchef Andrea Dosoli zu SPEEDWEEK.com. «Deshalb ist es normal, dass immer mehr Fahrer Interesse an uns zeigen. Darauf sind wir stolz, das bedeutet, dass wir gute Arbeit erledigen.»

Van der Mark (25), Supersport-Weltmeister 2014, hat nach 14 Podestplätzen in der Superbike-WM in England seine ersten beiden Siege erobert. Alex Lowes ist nach 116 Rennen weiterhin ohne Sieg und kann mit 27 Jahren erst acht Podestplätze vorweisen, zudem stürzt der Engländer häufiger als van der Mark.

Ist es für Yamaha interessant, den 34-fachen Laufsieger und ehemaligen Weltmeister Tom Sykes an Bord zu holen? Dosoli: «Unsere Philosophie sieht vor, dass wir junge Fahrer nach oben bringen. Dieses Fahrerlager ist der richtige Platz, um diese Philosophie umzusetzen. Sicher wäre es schön, einen Fahrer im Team zu haben, der dazu in der Lage ist Rennen zu gewinnen. Die Realität ist, dass wir jetzt einen solchen Fahrer haben.»

Seid ihr finanziell gut genug aufgestellt, um euch einen der Spitzenverdiener in der Superbike-WM zu angeln? «Wir sind nicht hier, um uns teure Fahrer zu kaufen», unterstrich der Italiener. «Wir sind hier, um gemeinsam mit den Fahrern unser Projekt voran zu bringen.»

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