Veränderte Machtverteilung: Das Urteil von Bautista
2024 ein seltenes Bild: Alvaro Bautista vor Toprak Razgatlioglu
2018 fuhr Toprak Razgatlioglu seine erste Saison in der Superbike-WM, Alvaro Bautista 2019.
2018, 2019 und 2020 eroberte Jonathan Rea mit Kawasaki seine Titel Nummer 4, 5 und 6, 2021 triumphierte erstmals Razgatlioglu auf Yamaha. 2022 und 2023 war Bautista auf der Ducati das Maß der Dinge.
2024 änderte sich die Hackordnung grundlegend, vorausgegangen waren zwei wegweisende Teamwechsel. Razgatlioglu unterschrieb im Mai 2023 einen Zwei-Jahres-Vertrag mit BMW für 2024 und 2025. Die geschockten Yamaha-Manager sahen sich nach dem bestmöglichen Ersatz um und lockten Rea von Kawasaki weg. Der Nordire stand ursprünglich bis Ende 2024 bei den Grünen unter Vertrag und musste sich um einen hohen sechsstelligen Eurobetrag freikaufen.
Wer dachte, die Saison würde wie die vorhergehenden laufen, wurde überrascht. Yamaha ist technisch ins Hintertreffen geraten, Ausnahmekönner Johnny Rea kam mit der R1 auf keinen grünen Zweig.
Bautista wurde vom Mindestgewicht für den Fahrer in voller Montur viel härter getroffen als ihm einige Gegner und Kritiker zugestehen wollen, und hatte über weite Strecken der Saison mehr mit sich als den Gegnern zu kämpfen.
Dessen Ducati-Kollege Nicolo Bulega verblüffte als Supersport-Champion von 2023 selbst Experten, gewann sechs Rennen und stand 24 Mal auf dem Podium.
Und Toprak Razgatlioglu fährt die BMW als Erster so, dass er alle ihre Vorzüge nutzen und die Schwächen negieren kann.
Toprak hat die Kräfteverhältnisse beinahe über Nacht auf den Kopf gestellt und BMW zum ersten Titel in einer Motorrad-Solo-Weltmeisterschaft in der 101-jährigen Firmengeschichte geführt.
«Die Zeiten ändern sich», hielt Bautista im Gespräch mit SPEEDWEEK.com fest. «BMW hat seine Concession-Teile sehr klug eingesetzt und ein starkes Motorrad für einen starken Fahrer gebaut. Jetzt haben sie mit Toprak die perfekte Kombination. Sie haben diese Saison fantastische Arbeit geleistet, unabhängig von den Ergebnissen. Sie verdienen den WM-Titel – auch wenn man sich überlegt, wie sie mit der Situation nach dem Unfall in Magny-Cours umgegangen sind. Natürlich will ich sie auf der Strecke schlagen, man muss aber auch gute Arbeit anerkennen.»
«Ein Wechsel nach vielen Jahren auf dem gleichen Motorrad ist schwierig», sagte der dreifache Champion über Johnny Rea. «Er hat so oft gewonnen – ich weiß nicht, ob er immer noch so motiviert ist und voll pusht. Ich weiß nur, dass das nicht einfach ist. In meinem Fall kann ich auch sagen, dass ich ein hartes Jahr hinter mir habe. Ich begann schlecht und ging mit einer Verletzung in die Saison. Ich selbst war nicht in Topform und mein Gefühl für das Motorrad war nicht das beste. Hinzu kamen die Regeländerungen, die mir nicht geholfen haben. Es dauerte bis Most im Juli, dass ich mein Vertrauen einigermaßen zurückgewann. Das war nicht leicht, weil der Level in der Klasse immer höher wird. Ich bin kein Magier. Mein Motorrad war das gleiche wie im Vorjahr, nur mit mehr Gewicht. Ich war der gleiche Fahrer, erreichte am Ende aber die gleiche Pace. Das bedeutet, dass ich mindestens auf dem gleichen Niveau war.»
«Ich bin zuversichtlich, dass ich mich verbessern und die Zeit zurückdrehen kann», hielt der bald 40-Jährige fest. «Jeder hat seine eigenen Probleme. Ich sehe es so, dass ich eine insgesamt seltsame Saison hatte, vieles kam zusammen. Aber so ist das immer im Leben: Es gibt Zeiten, in denen geht dir alles leicht von der Hand, und andere, in denen du kämpfen musst. Mein Jahr war hart – aber ich habe Hoffnung für die Zukunft.»