Negativerkenntnisse: Wie BMW aus ihnen gelernt hat
Fünf Wochen sind seit dem Superbike-Saisonstart auf Phillip Island vergangen, Ducati-Werksfahrer Nicolo Bulega hat mit famosen Leistungen in allen drei Rennen triumphiert und führt die Gesamtwertung vor dem Europa-Auftakt am kommenden Wochenende in Portimao mit maximalen 62 Punkten an.
Weltmeister Toprak Razgatlioglu hatte gegen die Ducati-Streitmacht einen schwierigen Stand. Nach dem Qualifying und ersten Rennen sprach der 57-fache Laufsieger, als wäre er nicht wettbewerbsfähig und würde meilenweit hinterhergurken – doch lediglich Bulega war schneller, der Türke wurde jeweils Zweiter.
Im Sprintrennen am Sonntagmittag leistet sich Razgatlioglu in Australien bereits in der vierten Kurve einen seltenen groben Fahrfehler und rauschte von der Strecke. Der Red-Bull-Athlet fuhr nach diesem Schnitzer zwar weiter, kam aber nur als 13. ins Ziel.
Das warf ihn für das zweite Hauptrennen vom zweiten auf den zehnten Startplatz zurück. Bis zum vorgeschriebenen Boxenstopp konnte er sich auf den fünften Rang nach vorne kämpfen, direkt nach dem Räderwechsel schied er mit einem Elektronikproblem an seiner M1000RR aus – Toprak kassierte zum zweiten Mal an diesem Sonntag null Punkte. Damit hat er vor Portimao lediglich 20 Zähler auf seinem Konto und ist WM-Achter.
Mitte März folgte der Portimao-Test: Razgatlioglu sorgte mit 1:39,592 min nicht nur für die Bestzeit, sondern unterbot sämtliche Rekorde.
Zum Vergleich: Den Pole-Rekord hält seit 2022 Jonathan Rea (Kawasaki) mit 1:39,610 min, die schnellste Rennrunde drehte Toprak mit einer Yamaha im Jahr 2023 in 1:39,826 min.
Das sorgt bei BMW und seinen Fahrern für einigen Optimismus für die anstehenden Rennen auf der Berg-und-Tal-Strecke an der Algarve.
«Es ist offensichtlich, dass der Test für uns gut lief», bemerkte Michael van der Mark. «Wir konnten bestätigen, dass wir für diese Strecke ein gutes Paket haben. Sie liegt Toprak und mir aber auch, das macht die Sache einfacher.»
«Auf Pisten mit langsamen Kurven sind wir nicht schlecht», ergänzte Razgatlioglu. «Bei Stop-and-go funktioniert das Bike, auf Strecken mit langgezogenen Kurven fehlt es uns an Turning. Wir haben nichts am Motorrad geändert, konnten aber unsere Abstimmung verbessern. Die Rundenzeit stimmt und auch die Pace ist nicht schlecht. Hier funktioniert das Bike. Wo genau wir stehen, werden wir erst nach den Rennen in Assen wissen.»
Erst wenige Wochen vor dem Saisonstart erfuhr BMW, dass sie ihr spezielles Super-Concession-Chassis 2025 nicht mehr verwenden dürfen. Seither wird fieberhaft daran gearbeitet, diesen weggenommen Vorteil zu kompensieren.
«Während der zwei trockenen Testtage in Portugal konnten wir das Motorrad weiterentwickeln, verstehen und an die neuen Gegebenheiten gemäß Reglement anpassen», verdeutlichte BMW-Technikchef Chris Gonschor im Vier-Augen-Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Angefangen bei den Federelementen über die Balance bis hin zu Applikation konnten wir das ganze System feintunen, was notwendig war. Das Rennwochenende in Australien lief nicht wie erhofft, demzufolge konnten wir aber auch Negativerkenntnisse mitnehmen, die wir uns extra zur Brust genommen haben. Mit den Negativdaten aus Australien und den Trockenbedingungen in Portugal konnten wir das Motorrad langsam in die Richtung bringen, dass wir es verstehen und lesen können und der Fahrer das dann in Rundenzeit ummünzen kann.»
«Das Reglement führt dazu, dass die Arbeit, die wir letztes Jahr gemacht haben, wir nun über andere Ansätze, andere Methodik, andere Balance- und Applikationsverteilungen im Motorrad kompensieren müssen», meinte der Bochumer. «In welchem Maß das zu kompensieren ist, lässt sich nicht quantifizieren. Aber natürlich haben wir genügend Parameter im Motorrad, um letztendlich hier ein wettbewerbsfähiges Bike aufs Grid zu stellen.»