Formel 1: So geht es mit Sergio Perez weiter

1. Training Australien: Hamilton vorn, Alonso genervt

Von Mathias Brunner
​Erstes Training zum Grand Prix von Australien in Melbourne: Die üblichen Verdächtigen am vorderen Ende des Feldes, die Top-Teams krass überlegen, Fernando Alonso wie im Testwinter mit Problemen.

Adretter kann sich die Formel 1 nicht in die Auslage stellen als im ersten Training zum Grossen Preis von Australien: Postkartenwetter in Melbourne, 25 Grad, blauer Himmel, besser geht’s nicht. Aber die Einheimischen wissen: Der auffrischende Wind ist erster Bote eines Wetterwechsels, geniesst das australische Spätsommerwetter, so lange es hält!

Das bringt die Formel-1-Teams ins Dilemma. Im freien Training sollen eine verlässliche Abstimmung erarbeitet und das Verhalten der Reifen ergründet werden. Nur stehen die Rennställe dabei vor zwei Hürden. Hürde 1: Sie müssen pro Fahrer und Saison mit drei Motoren auskommen. Da will keiner in freien Trainings unnötig Kilometer bolzen.

Hürde 2: Eine Schlechtwetterzone naht. Was nützt es den Teams zu wissen, was die profillosen Reifen bei 40 Grad Pistentemperatur taugen, wenn wir in der Quali und im Rennen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine regennasse Bahn haben werden?

Wie heiss ist Sebastian Vettel auf die neue Saison? Der Ferrari-Star ging als Erster auf die Bahn, vor Romain Grosjean (Haas) und Marcus Ericsson (Sauber).

Force India tauchte wie angekündigt mit komplett neu geformten Seitenkästen auf, erheblich schmaler geschneidert und mit einem tief angebrachten Zusatzflügel am Ende der abfallenden Motorhaube ausgerüstet. Kein Team brachte mehr neue Teile auf die Bahn als der Rennstall aus Silverstone. Neben der Motorverkleidung auch einen optimierten Diffusor, andere Bremsbelüftungen, raffiniertere Barge-Boards (die seitlichen Luftleit-Elemente) und einen frischen Heckflügel.

Nico Hülkenberg rückte zunächst mit einem Messrechen aus, um das Strömungsverhalten der seitlichen Luftleit-Elemente festzuhalten und zu ergründen, mit welcher von zwei Lösungen weitergemacht werden soll. Carlos Sainz kümmerte sich derweil um Arbeit mit den Reifen.

Erste Eindrücke von der Rennstrecke: Der Red Bull Racing-Renner ist noch immer extrem angestellt (tiefe Vorderachse, hohe Hinterachse), wir reden hier von rund fünf Prozent, der vordere Teil des Bodens schliff auffällig auf der Bahn, die eingelassenen Titan-Elemente erzeugten einen Funkenregen.

Diesen Anstellwinkel (rake) hat Red Bull Racing-Technikchef Adrian Newey in der Formel 1 vor Jahren salonfähig gemacht. Hier gilt die Faustregel: Je näher der Frontflügel über dem Boden arbeitet, desto effizienter erzeugt er Abtrieb. Der Anstellwinkel begünstigt einen Saugnapfeffekt, der Diffusor (das aufsteigende Ende des Bodens) erzeugt mehr Abtrieb. Es ist kein Wunder, dass viele Rennställe dem Beispiel von Red Bull Racing gefolgt sind. Jahrelang hatte RBR jenes Chassis, das in den Kurven am besten lag. Zudem sind einige frühere Red Bull Racing-Mitarbeiter inzwischen bei anderen Teams beschäftigt.

Stand nach dreissig Minuten: Weltmeister Lewis Hamilton (Mercedes) vor Max Verstappen (Red Bull Racing), Valtteri Bottas (Mercedes) und Daniel Ricciardo (RBR), dann Sebastian Vettel im Ferrari und Kimi Räikkönen. Kommt uns das nicht bekannt vor? Nach den Wintertests hatten wir eingeschätzt: Mercedes-Benz bleibt Klassenbester, vor Red Bull Racing und Ferrari auf Augenhöhe.

Lewis Hamilton gab jedoch wiederholt zu bedenken, dass Mercedes wohl den heissen Atem von Red Bull Racing im Nacken spüren werde.

Nach dreissig Minuten: kein Dreher, kein technischer Defekt, die Arbeit der Teams ist eindrucksvoll. Sergey Sirotkin kam einem Zwischenfall noch am nächsten. Der Moskauer hätte bei der Einfahrt zur Boxengasse um ein Haar den Beton geküsst.

Aufreger für die Fans: Nicht nur, dass der Kopfschutz Halo potthässlich ist. Er erzwang auch, dass die Rennställe neue Vorrichtungen in Sachen TV-Bildschirme zimmern mussten. Ergebnis: Das aufgesetzte Teil am McLaren, Mercedes oder Ferrari führt dazu, dass der Fahrer in der Box von vorne nicht mehr im Wagen zu sehen ist. Schöne neue Welt. Die McLaren-Lösung (siehe unser Bild) hatte ihren Spitznamen schnell weg: Schneepflug.

Erstes technisches Problem: eine vom Auspuff zu sehr aufgeheizte Motorverkleidung am McLaren. Hatte McLaren nicht versprochen, diese Schwierigkeiten zu lösen? Die inzwischen angebrachten Entlüftungsschlitze und ein angeblich effizienteres Hitzeschild brachten offenbar nicht komplett, was sich die Techniker davon versprochen hatten.

Ex-GP-Pilot Paul Di Resta: «Jedes Team weiss, dass es in Australien wärmer ist als beim Wintertest in Spanien. Ich wundere mich ein wenig, dass das nicht gelöst worden ist.»

Fernando Alonso hatte am Donnerstag im Fahrerlager des Albert Park Circuit gesagt: «Ihr werdet hier McLaren auf dem tiefsten Niveau des ganzen Jahres erleben. Denn wir haben sehr viele Entwicklungen aufgegleist.» Aber eine Überhitzung am Heck seines Renners hatte er wohl nicht gemeint.

Gut, das ist jetzt das erste freie Training, aber die Zeitabstände geben dennoch zu denken: Die Top-Teams Mercedes-Benz, Red Bull Racing und Ferrari scheinen in einer eigenen Welt zu fahren, dann – mit Respektabstand – beginnt ein Mittelfeld, das bis zu Rang 20 reicht.

Erster Mann in der Wiese: Kevin Magnussen in der zweitletzten Kurve vor Start und Ziel. Zuvor hatte sein Genfer Stallgefährte Romain Grosjean die siebtschnellste Zeit erzielt und damit untermauert – Haas ist gut aufgestellt. Auch wenn seine Runde 1,7 Sekunden langsamer ist als die Bestzeit von Lewis Hamilton.

Top-Ten nach 90 Minuten: Lewis Hamilton eine halbe Sekunde vor Valtteri Bottas, dann Verstappen, Räikkönen, Vettel und Ricciardo, Grosjean als Leader des Mittelfelds, dann Alonso (McLaren), Sainz (Renault) und Stoffel Vandoorne im zweiten McLaren. 

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