Formel 1: So geht es mit Sergio Perez weiter

Force India ist SportPesa Racing Point: Grosse Ziele

Von Mathias Brunner
​Im Sommer 2018 stand Force India vor einem Scherbenhaufen. Der Unternehmer Lawrence Stroll hat den Rennstall aus Silverstone gerettet. In Toronto zeigt das SportPesa Racing Point genannte Team seine Farben 2019.

Es fehlte nicht viel, und wir hätten 2019 lediglich neun Rennställe am Start. Im vergangenen Sommer stand Force India am finanziellen Abgrund. Der Rennstall aus Silverstone (ursprünglich von Eddie Jordan gegründet) wurde unter Gläubigerschutz gestellt, dann vom kanadischen Unternehmer Lawrence Stroll und Mitinvestoren gerettet. Der Vater des Formel-1-Piloten Lance Stroll benannte das Team mit einem Kunstgriff neu, Racing Point sollte dabei lediglich eine Übergangslösung sein. Um genau zu sein, wollte der Force-India-Rennstall schon zur Saison 2018 hin das India im Team-Namen loswerden. «Force One» war die erste Idee, das ging der neuen Formel-1-Führung gegen den Strich, denn das war CEO Chase Carey zu nahe an Formula One. Die Bezeichnung Force sollte in irgendeiner Form verwendet werden, damit die Fans den Rennstall noch immer als den gleichen erkennen.

Schon im Rahmen des Aserbaidschan-GP 2017 in Baku hatte der damalige Force-India-Geschäftsleiter Otmar Szafnauer festgehalten: «Ja, es stimmt, wir werden den Namen unseres Rennstalls wechseln. Die Rahmenbedingungen haben sich seit dem Einstieg von Force India einfach geändert. Wir haben keinen Grossen Preis von Indien mehr. Wir haben kaum noch Sponsoren aus Indien. Wir haben den Eindruck, dass wir bei der Geldgebersuche mehr Möglichkeiten hätten, würden wir mit einem anderen Namen auftreten.» Dieser Name ist nun klar: Racing Point. Und der US-Amerikaner mit rumänischen Wurzeln Szafnauer ist inzwischen Teamchef. Otmar: «Es hat mich gefreut, wie fast alle Mitarbeiter in schweren Zeiten geblieben sind. Das sagt alles über diesen Rennstall.»

Lawrence Stroll, Otmar Szafnauer und Co. versuchten, einen früheren Namen mit reicher Tradition in die Formel 1 zurück zu bringen. Die Rede ist von Brabham, Lola oder Tyrrell. Doch alle Versuche schlugen fehl, und so heisst der Rennstall neu SportPesa Racing Point.

Im Rahmen der Internationalen Auto-Show von Toronto hat das Team gezeigt, wie sie 2019 antreten. Toronto deshalb, weil die meisten Investoren von Force India, pardon, von Racing Point aus Kanada stammen. Zu diesen Geldgebern gehören der kanadische Geschäftsmann Andre Desmarais, Jonathan Dudman (Monaco Sports und Management), Unternehmer John McCaw, der Finanzexperte Michael de Picciotto, der Modeunternehmer John Idol und Strolls Geschäftspartner Silas Chou. Es ist nicht bekannt, wie die neuen Inhaber den Besitz des Rennstalls unter sich aufgeteilt haben.

Stroll sagt: «Es ging hier nicht darum, einen guten Deal zu machen. Es ging darum, Herz und Seele eines fabelhaften Rennstalls zu behalten.»

Otmar Szafnauer: «Alles weniger als WM-Rang 4 wäre eine enorme Enttäuschung für mich. Wir arbeiten hart daran, die schwierigen Zeiten vergessen zu lassen, wir sind bereit.»

«Wir haben für 2019 eine ganze Weile am Namen erwogen und fingen mit Racing Point als Team-Bezeichnung an. Wir kamen zum Schluss: Wir sind ein Team von Racern, wir bringen Racing auf den Punkt, also fanden wir den Namen für uns durchaus passend. Racing Point war also gegeben, dann kam SportPesa dazu, der Wasserspezialist BWT bleibt als Partner an Bord.» SportPesa ist eine Wettplattform mit Sitz in Nairobi (Kenya).

Technikchef Andy Green: «Die Elektrizität im Rennwagenwerk ist beinahe mit Händen zu greifen. Die Menschen spüren: Wir haben endlich die Mittel, um vollumfänglich zeigen zu können, wozu sie fähig sind. Das ist für diesen Rennstall kein neues Kapitel, das ist ein neues Buch! Wir werden die Menschen verblüffen, was wir alles auf Lager haben. In den kommenden Monaten werdet ihr mehr davon sehen.»

Sergio Pérez: «Ich bin schon eine Weile in diesem Rennstall. Aber was heute passiert, ist unfassbar. Wir können ein ganz neues Niveau erreichen. Das ist für uns Fahrer überaus motivierend. Als Pilot bist zu immer aufgeregt, wenn es in die neue Saison geht. Aber dieses Mal ist das noch viel intensiver. Ich bin sehr stolz, dass ich das Team auf diesem Weg begleiten kann.»

Als Pérez den jungen Stroll erstmals traf, war der Kanadier noch Kartfahrer, und der Mexikaner stand am Anfang seiner GP-Karriere. Lance Stroll: «Das muss vor acht oder neun Jahren gewesen sein.» Pérez lacht: «Er lässt mich ganz schön alt aussehen.» Stroll, nicht mundfaul: «Gestern fand ich bei mir das erste graue Haar. Ich habe es sofort ausgerissen.»

Dann zeigten Pérez und Stroll die Farben für 2019, das neue Auto hingegen ist das nicht. Den RP19 werden wir erst später sehen, spätestens am Morgen des ersten Wintertesttags, am 18. Februar auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya. Ergebnis: Wir haben noch immer einen Pink-Panther, aber mit mehr Blautönen von SportPesa.

Otmar Szafnauer: «Das Pink hat sich sehr schnell etabliert, also wollten wir das unbedingt behalten, und ich finde, das Blau von SportPesa passt prima dazu. Ich hoffe, die Fans sehen das genauso.» Als Partner ist der Mischkonzern Bombardier dazugekommen (Flugzeuge, Züge), der britische Bau- und Landmaschinenhersteller JCB oder die Versicherungsgesellschaft Canada Life.

Sergio: «Wir wollen mindestens WM-Vierter werden. Wir schauen nach vorne, nicht nach hinten auf unsere Verfolger. Und mittelfristig wollen wir ein Rennen gewinnen.»

Wer ist Lawrence Stroll?

Im Grunde macht Lawrence Stroll in Form seines Sohnes Lance eine Rennkarriere, die dem Hobbyrennfahrer selber versagt geblieben ist. Lawrence Stroll – am 11. Juli 1959 als Lawrence Sheldon Strulovitch geboren – ist seinem Vater in die Bekleidungsindustrie gefolgt. Leo Strulovitch hatte seinem Sprössling vorgelebt, wie man Selfmade-Millionär wird, indem er einige der bekanntesten Modemarken der Welt nach Kanada brachte. 1990 ging Lawrence Stroll mit Silas Chou aus Hong-Kong ein Bündnis ein, was zur Gründung der Firma «Sportswear Holdings» führte. Die beiden investierten ihr Geld in eine damals wenig bekannte Firma namens Tommy Hilfiger – heute eines der renommiertesten Mode-Labels der Welt, Partner von Mercedes-Benz und Lewis Hamilton. Auch Chou ist ein Schwergewichtler: Seiner Familie gehört eines der grössten Textilfabrikations-Netzwerke von ganz Asien. Stroll und Chou inhalierten den Schmuckhersteller Asprey, sie mieteten sich in New York im Trump Tower ein.

Strolls Vermögen beträgt gemäss Forbes heute 2,6 Milliarden US-Dollar, der Börsengang der Marke Michael Kors katapultierte ihn unter die 1000 reichsten Menschen der Welt. Stroll ist bekennender Rennfan, seine Sport- und Rennwagensammlung besteht aus zahlreichen Ferrari wie ein wundervoller 250 GTO, er ist Ferrari-Händler in Québec und besitzt darüber hinaus die Rennstrecke von Mont-Tremblant bei Montreal.

Im Interview mit der «New York Times» erklärte der Mode-Milliardär: «Ich bin nicht wegen meines Egos dabei, und ich bin auch nicht hier, um Geld zu verpulvern. Für mich ist das ein langfristiges Projekt, genauso wie bei meinen anderen Investitionen, sei es bei Tommy Hilfiger, Michael Kors oder wo auch immer. Mit der richtigen Finanzierung, Führung und Motivation sehe ich nichts, was gegen hohe Erwartungen spricht. Wir sollten sogar in der Lage sein, mit den Grossen mitzuhalten, und ich hoffe, dass wir dann um den dritten WM-Platz kämpfen können.»

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