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Erste Bilder vom McLaren MCL34: Mut zum Risiko

Von Mathias Brunner
​Nach mageren Jahren mit Honda und der enttäuschenden Saison 2018 mit Renault will McLaren Mut zum Risiko zeigen: Das neue Modell MCL34 für Carlos Sainz und Lando Norris hebt sich von den anderen Autos ab.

Das McLaren-Chassis 2018 war ein Flop. Nach dem Wechsel von Honda zu Renault hatten McLaren-CEO Zak Brown und Superstar Fernando Alonso grosse Pläne, die Rede war von Podestplatzierungen. Stattdessen wurde McLaren nur Sechster im Konstrukteurs-Pokal, Alonso erreichte in der Fahrer-WM den elften Schlussrang und sagte der Formel 1 auf Wiedersehen, Platz 5 beim ersten Rennen in Australien blieb das Highlight. Was mit einem Renault-Motor möglich ist, wenn ein gutes Chassis gebaut wird, das bewies Red Bull Racing – vier Siege. Und das Renault-Werksteam landete in der Markenwertung zwei Ränge vor McLaren.

Das zweiterfolgreichste Formel-1-Team hinter Ferrari steht gewaltig unter Druck. Der Kalifornier Zak Brown redet ständig davon, wie umstrukturiert und was alles verbessert wird. Aber irgendwann sollte sich das vielleicht mal auf der Rennbahn bemerkbar machen. Alonso-Nachfolger Sainz redete im vergangenen November nicht um den heissen Brei herum, als er in Abu Dhabi erstmals einen McLaren testete: «McLaren muss stark genug sein, um sich an der Spitze der Verfolger einzunisten.» Das würde bedeuten: Rang 4 hinter den Top-Teams von Mercedes-Benz, Ferrari und Red Bull Racing. Es würde auch bedeuten, dass der Renault-Kunde das französische Werksteam hinter sich lässt.

Im McLaren-Werk von Woking ist das Modell MCL34 präsentiert worden. Sainz hatte angekündigt: «McLaren wird keine Red Bull Racing-Kopie auf die Räder stellen, wir gehen unseren eigenen Weg.» Der Wagen von Sainz und GP-Neuling Lando Norris kommt im traditionellen Papaya-Orange von Firmengründer Bruce McLaren daher, gepaart mit einem hübschen blau im Heck. Aber die Lackierung macht einen Rennwagen nicht schnell. McLaren will mit dem Modell MCL34 Mut zum Risiko zeigen und nach vielen Worten endlich Taten folgen lassen.

Stellvertretend für die 800 Fachkräfte im Technikzentrum von Woking zogen 34 Angestellte die Hülle vom neuen Wagen. Erste Eindrücke: McLaren nutzt die Spielwiese der seitlichen Luftleit-Elemente reichlich, mit Lösungen, wie wir sie an keinem anderen Auto gesehen haben, vor allem in Hinblick auf die weit nach hinten gezogene Schleife. Sie soll den Luftstrom glätten.

Bei den Einlässen der Seitenkästen orientiert sich McLaren am Ferrari- und Red Bull Racing-Renner des Vorjahres, mit vorgelagerten Luftleitern. Die Fahrzeugnase ist als Luftleiter ausgelegt. Das Heck wurde selten gezeigt, kein Wunder: Hier stecken die grössten Verbesserungen. Es ist von einem Kniff die Rede, auf den die Gegner bisher nicht gekommen sind. Von oben betrachtet, hat sich McLaren beim schmalen Heck durchaus von Red Bull Racing inspirieren lassen, beim Unterboden vor den Hinterrädern hingegen von Ferrari. Bei der Aufhängung sind die hinteren Querlenker extrem als Luftleiter ausgelegt, an der Vorderachse fällt der obere Anlenkpunkt am Rad über Zapfen auf.

Carlos Sainz: «Dieses Auto war Liebe auf den ersten Blick. Ich mag die neuen Farben und unsere Overalls. Wir haben viel Arbeit hinter uns und sind bereit. Wir könnten schon heute fahren. Wir wollten besser vorbereitet in die Saison gehen. Ich sehe, wie sich alle im Werk übertroffen haben, um dieses Auto auf die Räder zu stellen.»

Lando Norris: «Ich trete in grosse Fussstapfen, wenn ich mir ansehe, wer alles für McLaren gefahren ist. Aber das ist für mich ein positiver Druck. Nächster Halt Barcelona! Ich kann es nicht erwarten, mich hinters Lenkrad zu klemmen. Ich finde, wir haben ein fantastisch aussehendes Auto.»

Zak Brown: «Wir glauben, dass wir ein gutes Auto gebaut haben. Und wir bauen weiter aus, James Key kommt als Technikchef, Andreas Seidl kommt als Teamchef. Ich spüre Aufbruchstimmung im Rennstall, wir wollen endlich zeigen, was wir können. McLaren hat eine enorme Gruppe von Fans auf der ganzen Welt. Wir wollen sie nicht enttäuschen. Im McLaren MCL34 steckt unheimlich viel Hingabe und Arbeit. Wir verflogen alle nur ein Ziel – McLaren wieder konkurrenzfähiger zu machen.»

Sportchef Gil de Ferran: «Wir haben gemerkt, was wir verbessern mussten, am Wagen und an der Struktur. Das Team ist nicht wiederzuerkennen, seit ich vor sechs Monaten an Bord gekommen bin. Wir befinden uns auf einer aufregenden Reise. Ich spüre im Werk Aufbruchstimmung. Die Erwartungen sind gross. Ich finde, die ganze Mentalität im Werk hat sich geändert. Vor sechs Monaten hatten wir ein wenig Angst vor der eigenen Courage, wir haben jede Entscheidung in Frage gestellt. Nun schreiten wir mutig vorwärts. Wir glauben, wir haben ein prachtvolles Auto auf die Räder gestellt, voller Einfallsreichtum und Know-how. Jetzt wollen wir sehen, was es auf der Piste leisten kann.»

Was kann McLaren erreichen? Carlos Sainz: «Es wäre ein grosser Fehler, heute ein bestimmtes Ziel zu nennen. Wir wollten bestmöglich vorbereitet in die Saison gehen, darauf haben wir uns konzentriert. Wozu wir fähig sind, wird weitgehend von der Leistungsfähigkeit unserer Gegner abhängen.»

McLaren: Lange Durststrecke

Das müssen wir uns mal vorstellen: McLaren achtfacher Gewinner des Konstrukteurs-Pokals, 12 Mal haben die Engländer einen Fahrer-WM-Titel geholt und bei 182 Grands Prix triumphiert. Aber der letzte Sieg von McLaren geht auf Brasilien 2012 zurück (Jenson Button), so wie auch die letzte Pole-Position (Lewis Hamilton). Wüssten Sie, wann wir letztmals einen McLaren-Fahrer auf dem Siegerpodest gesehen haben? Es war beim ersten Rennen der neuen Turbohybrid-Ära der Formel 1, 2014 in Melbourne. Nach der Disqualifikation von Daniel Ricciardo wurden Jenson Button und Kevin Magnussen als Zweiter und Dritter gewertet. Seither: Pleiten, Pech und Pannen. Was ist da nur los?

Im Rahmen der «Autosport International Show» in Birmingham meinte Ex-GP-Fahrer Martin Brundle im Rahmen einer Podiumsdiskussion: «Ein grosses Problem von Teams wie McLaren oder Williams besteht darin, dass sie immer mehr in Aussenseiterrollen gedrängt werden. Um Erfolg zu haben, musst du heute entweder ein Werksrennstall sein, oder du musst ganz enge Beziehungen zu einem Werks-Team haben, so wie das Haas mit Ferrari hat oder Toro Rosso mit Red Bull Racing. Ich nenne diese Rennställe jetzt mal salopp B-Teams. Williams und McLaren sind da im luftleeren Raum, denn sie sind weder das eine noch das andere, also weder Werkspartner eines Autoherstellers so wie Red Bull Racing von Honda oder Werksrennstall wie Mercedes, Renault und Ferrari, und sie sind ganz bestimmt keine B-Teams.»

«McLaren und Williams müssen sich von Neulingen wie Haas auf der Nase herumtanzen lassen, nachdem die US-Amerikaner mit einem komplett anderen Geschäftsmodell in die Formel 1 gekommen sind. Sie schöpfen das Reglement ganz aus, was die Übernahme fertiger Teile angeht, also in ihrem Falle Ferrari und Dallara. Ich weiss, es gibt Kritik gegen diese Vorgehensweise. Aber sie ist clever, sie ist erlaubt, sie ist kosteneffizient und ganz offenbar ist sie erfolgreich.»

Zak Brown ist überzeugt: «Wenn Red Bull Racing mit Honda arbeitet, dann ist das für uns von Vorteil. Weil sich Renault aufs eigene Werksteam und uns konzentrieren kann.»

Den früheren GP-Star David Coulthard, der in seiner 15-jährigen F1-Karriere in Diensten von McLaren und Williams stand, schmerzt es, mitansehen zu müssen, wie die beiden Traditionsteams der Formel 1 straucheln. «Es ist irritierend und enttäuschend zugleich, wenn man sich anschaut, welche Schwierigkeiten sie haben. Und es zeigt: Grosse Namen garantieren nichts. Es sind die Leute, auf die es ankommt, der Name allein macht den Erfolg nicht aus.»

«Beide Teams haben es verpasst, junge Talente anzulocken und sich neu aufzustellen, und genau da müssen sie nun ansetzen. Sie müssen die Strukturen verändern und frischen Wind zulassen. Sie brauchen Nachwuchskräfte, die neue Energie mitbringen», ist sich der 47-jährige Schotte, der in seiner F1-Karriere 13 GP-Siege erobert hat, sicher.

Coulthard stellt auch klar: «Wenn man immer die gleichen Zutaten braucht, dann bekommt man auch immer den gleichen Kuchen. Man muss sich immer wieder aufs Neue herausfordern und versuchen, sich selbst zu erfinden. Sonst läuft man Gefahr zu stagnieren, und genau das war auch das Problem bei diesen beiden Teams.»

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