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Jimmy Froidevaux: Die Jeans-Jacke zur Seite gelegt

Von Mathias Brunner
Mathias Brunner, Daniel Reinhard und Jimmy Froidevaux

Mathias Brunner, Daniel Reinhard und Jimmy Froidevaux

​Traurige Nachrichten, während der Formel-1-Tross in Hockenheim weilt: Der langjährige Schweizer Motorsportfotograf Jean-Pierre «Jimmy» Froidevaux ist im Alter von 75 Jahren verstorben.

Irgendwie ist schon die ganze Woche wie verhext. Es läuft überhaupt nichts wirklich nach Wunsch und jetzt noch die absolute Hiobsbotschaft mitten in der Ennstal-Classic. Mein langjähriger Freund und geschätzter Berufskollege Jean-Pierre Froidevaux, kurz Jimmy genannt, ist am 26. Juli 2019 im jungen Alter von 75 Jahren in seiner Wahlheimat Thailand ohne jegliche Vorwarnung verstorben. Er starb genauso, wie er es sich immer gewünscht hat. Schnell und unkompliziert, ohne grosse Altersbeschwerden und ohne langes Leiden. Für ihn wunderbar, für mich und seine vielen, vielen Freunde ein grosser und unerwarteter Schock.

Jimmy war ein Mensch, den man einfach gernhaben musste. Ich glaube wirklich, dass er einer der wenigen Menschen war, die überhaupt keine Feinde hatten und von jedem einfach geliebt wurde. Er war immer der gleiche: fröhlich, gutmütig, mit Schalk in den Augen.

1976 lernte ich ihn bei den Rennen zur Schweizer-Meisterschaft kennen, nachdem mir mein Vater schon sehr viel von ihm erzählt hatte: «Da ist ein Kollege, immer in Jeans und Jeans-Jacke mit Vollbart und langen, wilden Haaren, sowie einem roten Taschentuch um den Hals, zusammengehalten von einer Zündholzschachtel. Ein komischer Vogel, ein richtiger Hippie, aber der ist unglaublich sympathisch und sehr nett.»

Schnell wurden wir dicke Freunde, reisten viel zusammen und teilten bei hunderten von Rennen die Hotelzimmer. Spass war immer ganz grossgeschrieben und nichts, aber auch wirklich nichts, konnte ihn aus der Ruhe bringen. Oder doch?

Genau einmal erinnere ich mich, dass er einmal böse Schimpfwörter in den Mund nahm und komplett ausser sich war. Es war beim GP Belgien in Spa, in der damaligen Bus-Stop-Schikane, wo er an für Fotografen berechtigter Stelle von einem Security-Man mit Rottweiler ohne Maulkorb attackiert wurde. Ein Bild eines Kollegen zeigte Jimmy am Boden und die Fresse des Hundes vielleicht 30 Zentimeter vor seinem Gesicht. Diese Nummer war selbst für Jimmy zu viel und er meldete sich zu Recht mit dem Foto des Kollegen bei der FIA und verklagte den Security-Mann.

Alles Andere konnte ihn beim besten Willen nicht aus der Ruhe bringen. Etwa, als wir in Montreal anlässlich eines Grand Prix in einem Hotel absteigen mussten, bei dem ständig Leute mit eindeutigen sexuellen Motiven an die Zimmertüre klopften, während Jimmy Filme entwickelte und dann die Negative mit seinem Bildfax nach Zürich transferierte. Dieses Hotel war bereits eine Ersatzlösung, da das erste Hotel zuvor ein derartig grosses Badezimmerfenster hatte, dass man es nicht abdunkeln konnte und es sich daher für die Filmverarbeitung nicht eignete.

Trotzdem standen im Ersatzhotel am Ende fast alle «Hotelgäste» nur mit einem Badetuch bekleidet total fasziniert und interessiert in unserem Zimmer. Und Jimmy? Blieb cool und gelassen, wie immer.

Jimmy liebte das Leben und am Abend ein Glas Wein, manchmal durften es auch ein paar mehr sein und dazu seine geliebte Zigarre.

Der gelernte Fliesenleger hielt als Autodidakt immer mit der neuesten Technik mit und kaufte die neuesten, wenn auch sündhaft teuren Bildfax-Geräte, um ja immer aktuell und schnell liefern zu können. Nächtelang übermittelten wir zusammen die Bilder mit dem quietschenden Gerät über das Zimmertelefon, welches dazu immer ein wenig manipuliert werden musste. Schlussendlich konnten wir nur noch schlafen wenn der Kasten, so gross wie ein heutiger Drucker, quietschte. Sobald wieder Ruhe einkehrte, wurden wir wach und wechselten das Bild, um wieder weiterschlafen zu können.

Seine ganz grosse Liebe galt dem Wasser und den Segelbooten. Erst am Walensee, später dann am Bodensee genoss er mit seinem Freund Ruedi Menzi seine Freizeit auf dem Wasser im eigenen Segelboot. Mit seiner Pension und der für Schweizer Verhältnisse knappen AHV, somit ohne grossen finanziellen Rückhalt, verabschiedete er sich vor rund zehn Jahren nach Thailand, wo er sich erst vor kurzem ein neues Haus baute und mit seiner Frau und ihrem Sohn den viel zu kurzen Lebensabend genoss.

Mensch Jimmy, was hatten wir für eine verdammt geile Zeit zusammen! Ich vermisse dich und schwelge in all den Erinnerungen, wie wir zum Beispiel auf der Fahrt von Estoril nach Jerez im völligen Nirgendwo von Portugal und natürlich noch ohne Navi nach dem Weg fragen mussten und der Typ völlig ausflippte, weil er dich für Nelson Piquet hielt und unbedingt ein Autogramm wollte, das er prompt bekam.

Jimmy, Du wirst uns fehlen!

Daniel Reinhard aus Sachseln (Obwalden) hat Jimmy Froidevaux jahrelang auf allen Rennstrecken der Welt begleitet. Daniel stammt aus einer Fotografendynastie. Neben seiner Arbeit in der Formel 1, in der DTM oder in der Formel E arbeitet der 58-Jährige auch als Industrie- und Werbefotograf. Zusammen mit Bruno von Rotz und Balz Schreier gründete er die Firma Zwischengas AG, welche die Website www.zwischengas.com betreibt, eine Online-Plattform für die Themen klassische Automobile (Oldtimer) und historische Rennwagen. SPEEDWEEK.com dankt Daniel Reinhard und zwischengas.com für diese Zeilen zum Abschied von Jimmy.


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