Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Verstehen Sie Formel 1? Rennbegriffe von A bis D

Von Mathias Brunner
Der Ferrari von Sebastian Vettel

Der Ferrari von Sebastian Vettel

​Der Motorsport generell und die Formel 1 im Besonderen haben ihre ganz eigene Sprache. Nicht bei jedem Fachbegriff sind alle Fans sattelfest. Wir erklären die gängigsten Bezeichnungen, im ersten Teil von A bis D.

Formel-1-CEO Chase Carey hat festgehalten: «Wenn wir den nächsten Schritt bei der Entwicklung der Königsklasse machen wollen, dann müssen die Fans den Sport besser verstehen.» Und das beginnt bei den Fachbegriffen, oft aus dem Englischen stammend.

Die meisten Rennfans wissen, dass ein Safety-Car der Führungswagen ist, der nach Zwischenfällen das Feld um die Bahn leitet, aber was ist Zylon? Wieso ist HANS nicht unbedingt ein männlicher Vorname und Halo nicht immer ein Heiligenschein? Hier die wichtigsten Bezeichnungen in der Übersicht, im ersten Teil von A bis D.

Abbau
Meist im Zusammenhang mit den Reifen. Die Art und Weise, wie ein Reifen seine Haftfähigkeit verliert, etwa durch Zersetzung des Reifens (degradation) oder durch übermässigen Verschleiss der Lauffläche (wear).

Abschlusstraining (qualifying)
Das letzte Training, das definiert, wie die Startaufstellung aussieht. Wird derzeit in der Formel 1 bei 20 Autos in drei Segmenten gefahren, nach den ersten 18 Minuten scheiden die fünf langsamsten Fahrer aus (Q1), nach weiteren 15 Minuten erneut fünf (Q2). Die besten Zehn fahren dann in Q3 um die Pole-Position.

Abstimmung
Wie der Rennwagen anhand zahlreicher Verstellmöglichkeiten ideal auf eine Strecke getrimmt wird.

Abtrieb
Die Kraft, mit welcher ein Rennwagen dank aerodynamischer Hilfen (wie etwa Flügel) bei der Fahrt auf den Asphalt gepresst wird.

Aerodynamik
Das Verhalten von Körpern in der Luft, in der Formel 1: Wie der Luftstrom um einen Rennwagen herumstreicht. Aerodynamische Hilfsmittel sind Front- und Heckflügel zur Erzeugung von (s.) Abtrieb, das aufsteigende Ende des Unterbodens (s.), genannt Diffusor, oder seitliche Luftleit-Elemente, die (s.) Barge Boards.

Airbox
Die Motorabdeckung mit einem Lufteinlass in der Regel gleich über dem Helm des Fahrers. Hier wird nicht nur dem Motor Frischluft zugeführt, komplexe Kanäle – von neugierigen Blicken verborgen – bringen Kühlluft auch zum Getriebe oder zu weiteren Elementen der Antriebseinheit.

Anpressdruck
Die Kraft, welche sich aufbaut, wenn der Rennwagen in Fahrt durch (s.) Abtrieb zu Boden gedrückt wird.

Antriebseinheit (power unit)
Moderner Begriff für einen Formel-1-Motor, denn der besteht längst nicht mehr aus einem Saugmotor, sondern aus Verbrennungsmotor, Turbolader, Mehrfach-Energierückgewinnung, Batterie und Motorelektronik.

Apex
Der Scheitelpunkt wird vom Fahrer anvisiert, um eine Kurve optimal zu durchfahren.

Aufhängung
Die bewegliche Verbindung zwischen Rädern und (s.) Chassis.

Aufwärmrunde
Warmfahren von Fahrzeug und Reifen zum Beispiel vor einer schnellen Runde im Abschlusstraining (Qualifying).

Auslaufrunde
Der Fahrer kommt nach einer schnellen Runde in gemächlicher Fahrt zur (s.) Box zurück.

Autoklav
Ein Hochdruck-Ofen, in welchem die Kohlefaserteile eines Rennwagens gebacken werden.

Balaclava
Feuerschützende Haube für den Piloten, die als Teil der Schutzkleidung im Helm getragen wird, sie besteht aus dem Material Nomex.

Balance
Beschreibt das Verhalten des Fahrzeugs. Ein ausbalancierter Wagen schiebt nicht über die Vorderachse (Untersteuern) und neigt nicht zum Ausbrechen des Hecks (Übersteuern), er liegt neutral.

Ballast
Die meisten Formel-1-Renner sind leichter als die erlaubten 746 Kilogramm. Ballast (meist aus Wolfram) wird an strategisch günstigen Punkten bodennah platziert, um die (s.) Balance des Fahrzeugs zu optimieren.

Barge Board
Seitliches Luftleit-Element, das weniger der Erzeugung von (s.) Abtrieb dient, sondern vielmehr der Optimierung des Luftstroms.

Batterie
s. Energierückgewinnung

Black Box
Datenschreiber wie in einem Flugzeug, der bei Zwischenfällen wichtige Erkenntnisse liefern kann.

Blasenbildung (blistering)
Durch Überhitzung eines Reifens entstehen im Reifen Blasen, die an der Oberfläche aufplatzen.

Bodywork
Die Verkleidung des Rennwagens, also etwa Fahrzeugnase oder Motorabdeckung.

Bottoming
Wenn der Boden des (s.) Chassis zum Aufsetzen neigt.

Box
Der Bereich, in welcher an der Rennstrecke am Rennwagen gearbeitet wird. Einer der vielen Begriffe, welche der Autorennsport vom Pferdesport übernommen hat, so wie auch die Pole-Position, der Platz des Trainingsschnellsten.

Boxengasse
Bereich entlang der Start/Ziel-Geraden, an welcher die Boxen der Rennställe liegen. In der Regel gilt hier ein Tempolimit von 80 km/h. Auf bestimmten Pisten (Monaco, Sotschi) kann es aus Sicherheitsgründen auf 60 km/h gesenkt werden.

Boxenstopp
Der Fahrer hält im Rennen an, um Reifen wechseln zu lassen oder ein Problem zu beheben (etwa Auswechseln eines Frontflügels).

Bremsbalance
Die Verteilung der Bremskraft zwischen Vorder- und Hinterachse. Kann auch während der Fahrt verändert werden, um die (s.) Balance zu verbessern.

Bremsplatte
Der Fahrer hat beim Bremsen ein Rad blockieren lassen, der Reifen schmirgelt sich auf dem Asphalt ab. Im extremsten Fall erzeugt eine solche Bremsplatte solche extreme Vibrationen, dass der Fahrer nichts mehr erkennen kann oder die Integrität der Aufhängung gefährdet ist.

CAD (computer aided design)
Ein aus der Automobilindustrie stammender Begriff für Computer-unterstütztes Konstruieren.

CAM (computer aided manufacturing)
Die Umsetzung von (s.) CAD als elektronische Befehle für eine Werkzeugmaschine.

Camber
Der Radsturz – der Winkel zwischen der Radmittelebene und einer Senkrechten auf der Fahrbahn. Bei einem negativen Sturz ist das Rad nach innen geneigt, bei einem positiven nach aussen. Die Arbeit mit dem Radsturz gehört zum Handwerkszeug bei der (s.) Abstimmung.

CFD (computational fluid dynamics)
Die Flussdynamikberechnung hilft dem Formel-1-Designer, den Luftfluss um den Rennwagen herum zu bestimmen. CFD ist ein wichtiges Hilfsmittel im Einklang mit der Arbeit im Windkanal.

Chassis
Aus dem Französischen für Fahrgestell. Hauptteil des Rennwagens, an dem Motor, Aufhängungen und Getriebe befestigt sind. Beim GP-Renner besteht das Chassis aus der Überlebenszelle, die Monocoque (Einzelschale) genannt wird.

Clean air
Wörtlich: saubere Luft. Wenn ein Fahrer ohne Luftverwirbelungen, verursacht durch den Vordermann, fahren kann. Andernfalls hätte er (s.) dirty air.

Cockpit
Wie im Flugzeug der Platz des Piloten, ursprünglich eigentlich der Kampfplatz von Hähnen.

Compound
Englisch für Zusammensetzung, im Rennsport für Reifenmischung. Reifen werden aus so unterschiedlichen Materialien wie Gummi, Stahl und Textil zusammengesetzt. Der Hauptbestandteil ist aber Gummi. Reifen bestehen zu rund 40 Prozent aus Kautschuk. Dabei verwenden die Reifenhersteller sowohl natürliche als auch künstlich hergestellte Stoffe. In der Reifenmischung sind zudem Füllstoffe, Weichmacher sowie Chemikalien enthalten. Ein Reifen kann aus mehr als zehn Gummimischungen bestehen. Die unterschiedliche Zusammensetzung der Gummimischungen ist abhängig von den verschiedenen Anforderungen, die an die einzelnen Bauteile des Reifens gestellt werden. Entscheidend für die Qualität des Reifens ist das Mischungsverhältnis.

Concorde-Agreement
Die Formel-1-Verfassung ist ein Abkommen im Dreieck zwischen dem Automobil-Weltverband FIA (Féderation International de l’Automobile), den Rennställen und der Firma «Formula One Management» (FOM). Das Concorde-Abkommen umreisst die sportlichen, technischen und finanziellen Verbindungen dieses Dreiecks.

Crash-Test
Formel-1-Autos müssen zahlreiche Belastungs- und Aufpralltests absolvieren, bevor sie zum Rennbetrieb zugelassen werden.

Debrief
Einsatznachbesprechung – wenn Piloten und Ingenieure nach einem Training oder Rennen über (s.) Abstimmung, (s.) Balance oder Strategie sprechen.

Delta
Die Differenz zwischen zwei bestimmten Rundenzeiten, etwa zwischen der besten Zeit eines Fahrers im Abschlusstraining und im freien Training. Wird auch für Richtzeiten herangezogen, wenn auf der Bahn aus Sicherheitsgründen in einem gewissen Bereich langsamer gefahren werden muss (etwa in einer virtuellen Safety-Car-Phase).

Design
Der Entwurf eines Rennwagens.

Differenzial (auch Differential)
Getriebe, das bei Kurvenfahrt die unterschiedlichen Drehzahlen der Antriebsräder

Diffusor
Das aufsteigende Ende des Unterbodens, erzeugt (s.) Abtrieb.

Dirty air
Wörtlich: schmutzige Luft. Der Fahrer hat mit Luftwirbel zu kämpfen, die vom Auto des Vordermannes erzeugt werden.

Downforce
Englische Bezeichnung für (s.) Abtrieb.

Drag
Englisch für Luftwiderstand.

Drift
Kontrolliertes Rutschen des Fahrzeugs über beide Achsen.

Drive-by-wire
Ersetzte die klassische Seilzugverbindung zwischen Gaspedal und Motor. Ein Drive-by-wire misst die Stellung des Pedals und steuert entsprechend die Drosselklappen des Motors. Ein ähnliches System gibt’s auch bei der Bremsanlage, als Brake-by-wire.

Durchfahrtstrafe (drive through penalty)
Nach einem Vergehen muss ein Pilot einmal durch die (s.) Boxengasse fahren, bevor er wieder ins Rennen gehen darf. Reifen dürfen währenddessen nicht gewechselt werden.

DRS (drag reduction system)
Mittels eines Heckflügel-Elements, das flachgestellt werden kann, wird der Luftwiderstand verringert. Das DRS darf vom Piloten nur an bestimmten Orten der Rennstrecke aktiviert werden, per Knopfdruck aus dem (s.) Cockpit. Das DRS soll Überholmanöver begünstigen.

Der nächste Teil unseres Renn-ABC erscheint am 2. September – von E bis I.


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