Formel 1: So geht es mit Sergio Perez weiter

Formel 1 in Corona-Zeiten: Gewaltiger Aufwand

Von Mathias Brunner
Der Grosse Preis von Frankreich 2021 ist mein erster WM-Lauf vor Ort seit Abu Dhabi 2019. Schon vor der Reise nach Le Castellet zeigt sich – der Aufwand ist gewaltig, um in Corona-Zeiten sicheren Sport zu zeigen.

Nach Ausbruch der Corona-Pandemie war die Formel 1 der erste Sport weltweit, der wieder in Schwung kam, im Juli 2020. Für die meisten GP-Berichterstatter hiess es jedoch: home office, denn die Schutzmassnahmen gegen den Virus waren überaus streng, die Journalisten durften das Pressezentrum nicht verlassen. Nach 524 Formel-1-WM-Läufen bedeutete dies für mich: Keine WM, denn es war sinnlos, vor Ort zu sein, aber nicht ins Fahrerlager zu dürfen, um mit Menschen zu sprechen.

Im Frühling 2021 hat die Formel 1 begonnen, sehr behutsam wieder Zugang zu erlauben – in besonderen Zonen, zu bestimmten Zeiten, in kleinen Gruppen, mit Sicherheitsabstand. Das Sicherheitsprotokoll hat natürlich weiter Bestand, pro GP-Wochenende werden rund 4000 Nasenabstriche genommen, bearbeitet in Labors der Firma Eurofins in München. Jeder muss sich bei Ankunft und dann alle fünf Tage testen lassen.

Um den Sport weltweit in die Auslage zu stellen, ist beim Kampf gegen Corona ein gewaltiger Aufwand notwendig. Vor Corona erhielt ich einen Zugangspass für die komplette Saison, danach war es dem Autosport-Weltverband FIA herzlich egal, zu welchen Grands Prix ich komme. Ich fuhr (oder flog) an einen GP-Ort und begann zu arbeiten.

Heute beginnt die Vorbereitung Monate voraus: Um kontrollieren zu können, wie viele Berichterstatter vor Ort sein werden, melde ich mich heute einzeln nochmals für einen Grand Prix an, Vorlaufzeit knapp zwei Monate, permanenten Pass hin oder her. Die FIA entscheidet dann, ob ein Journalist oder Fotograf zugelassen wird. Viele Kollegen erhalten Absagen.

Wer eine Zusage bekommt, erhält ein Info-Paket, dessen Umfang von der Corona-Situation im jeweiligen Land abhängig ist – im Land des Berichterstatters und im Land des Grand Prix. Als Schweizer mit einer Corona-Situation, die sich beruhigt hat, habe ich da Glück. Aber auch so sind zahlreiche Dokumente notwendig, um die Arbeit aufnehmen zu können.

Das Knifflige: Die Vorgaben sind natürlich für jedes Land anders. Frankreich verlangt andere Dokumente als Österreich. Als Schweizer ist es einfacher, nach Frankreich zu reisen, als für einen Briten. Die aktuelle Corona-Situation und Reisevorschriften müssen minutiös verfolgt werden und ändern sich laufend. Dem Journalisten geht es dabei nicht anders als dem Touristen, auch der muss scharf im Auge behalten, wie sich die Lage in den verschiedenen Reiseländern verändert.

Für Frankreich gilt für mich:

Ein Nachweis, virenfrei zu sein, nicht älter als 72 Stunden (PCR-Test).

Eine Erklärung, sich gesund zu fühlen und innerhalb von 24 Stunden nach Ankunft in Frankreich testen zu lassen.

Ein Nachweis, vollständig geimpft zu sein (falls das bereits passiert ist, was bei mir der Fall ist).

Zwei Erklärungen für die FIA, sich an die Corona-Richtlinien zu halten, eine vom Arbeitgeber, eine von mir.

Eine Einladung des Veranstalters.

Eine Erlaubnis, sich nachts in Frankreich bewegen zu dürfen (von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr früh gilt Ausgangssperre).

Eine Erklärung, sich an die Corona-Vorschriften in Frankreich zu halten.

Zusammen mit den ganzen Vorgaben der Formel 1 und der FIA ist der Papierstapel zur Vorbereitung eines Grand Prix stattliche acht Zentimeter hoch und ungefähr ein Kilo schwer.

Für die Corona-Tests der Formel 1 wird vorgängig eine App aufs Handy geladen. Ohne die geht gar nichts. Hier sind alle Dokumente des jeweiligen Journalisten hinterlegt – Erklärungen, Testergebnisse und so fort.

Vor Ort in Le Castellet sind zwei Testzentren platziert, eines beim Haupteingang des Circuit Paul Ricard, eines in der Nähe des Fahrerlagers. Ohne vorbereitete App gibt’s keinen Zugang zum Rennplatz.

Durch Corona ist die Fliegerei noch komplizierter geworden, also habe ich es vorgezogen, mit dem Auto nach Südfrankreich zu fahren. Am Flughafen war ich trotzdem: für den PCR-Test. Dessen Ergebnis traf pünktlich am Vorabend meiner Autoreise ein.

Erster Test für die Vollständigkeit meiner Unterlagen: Grenzübergang bei Genf zwischen der Schweiz und Frankreich. Von den ganzen Dokumenten muss ich vorweisen – exakt null, ich werde durchgewunken.

Ein paar Stunden später am Rennplatz: Hier werden nach Ankunft beim Akkreditierungszentrum alle Dokumente geprüft, ohne die erhalte ich keinen permanenten Pass.

Vor mir fehlen einem Italiener mehrere Erklärungen, er beginnt nicht nur wegen des warmen Wetters zu schwitzen. Die Franzosen zucken mit den Achseln: keine Unterlagen, kein Zugang. Ich habe ihn nicht mehr wiedergesehen.

Auf der ganzen Anlage gilt natürlich Maskenpflicht.

Beim Haupteingang zur Strecke wird Fieber gemessen, ebenso am Eingang zum Mediensaal.

Nach Ankunft am Rennplatz wird bei den Spezialisten von Eurofins unverzüglich getestet (Stäbchen in die Nase), das Ergebnis wird bis zum folgenden Morgen auf die App gesandt. Das Testzentrum ist jeweils bis 14.00 Uhr offen, dann werden die Proben nach München gefahren.

Im Pressesaal sitzen die Journalisten mit Abstand. Vorbei die Zeiten, als 500 Spezialisten aus der ganzen Welt Schulter an Schulter ihrer Arbeit nachgingen.

Das Hallo mit Kollegen aus der ganzen Welt ist gross: Owari-san aus Japan, Giorgio aus Italien, Tobias und Andreas aus Deutschland, Franck aus Frankreich, Joe aus England – Kollegen, die ich teilweise fast vierzig Jahre kenne.

Joe aus England ist ein Spezialfall, denn obschon er Engländer ist, wohnt er in Frankreich. Da ist der Grand Prix in Le Castellet ein Heim- und Kinderspiel. Aufgrund der komplizierten Vorschriften in Grossbritannien bleiben die meisten britischen Kollegen zuhause.

Die Journalisten bleiben in ihrer Blase. Am Mittwochabend habe ich in einem Restaurant Rennarzt Ian Roberts und Medical-Car-Fahrer Alan van der Merwe getroffen, jene beiden Männer, die unter Anderen dem im Feuer sitzenden Romain Grosjean zu Hilfe geeilt waren, in Bahrain 2020. Da wir in verschiedenen Blasen arbeiten, bleibt es bei einem maskengenuschelten Hallo und ein paar Worten aus fünf Metern Entfernung.

Auffällig: Roberts, van der Merwe und ich sind die Einzigen, die mit Maske ins Restaurant kommen und sie erst am Tisch ablegen. Die Südfranzosen sind da etwas salopper. Von den vielen Spaziergängern am Hafen von Bandol tragen nur ganz wenige eine Maske.

Diese Sicherheitsblasen haben Bestand und sind ein Grund, wieso die Formel 1 weltweit herumziehen kann: Kein Journalist geht mit, sagen wir einem Ingenieur von Ferrari essen, kein Techniker von McLaren steht abends an der Bar bei einem Bierchen mit einem Mechaniker von Aston Martin.

Was ist mit den Zuschauern in Frankreich?

Generell gilt für Grossveranstaltungen eine Obergrenze von 5000 Zuschauern. Die Organisatoren des Frankreich-GP haben von der Regierung eine Sondererlaubnis erhalten für 15.000 Fans – weil sie drei komplett voneinander getrennte Bereiche geschaffen haben für Anreise, Tribünenbesuch und Abreise.

Für alle Zuschauer gilt 3G – getestet, geimpft, gesundet. Jeder muss vorweisen können: Einen negativen PCR- oder Antigen-Test, der nicht älter als 48 Stunden ist, ein Nachweis, dass der Fan vollständig geimpft ist, ein Nachweis für Genesene via PCR, zwischen 15 Tagen und sechs Monaten alt.

Alle Besucher haben die französische App «TousAntiCovid» heruntergeladen, auch ohne die geht gar nichts. All dies gilt für sämtliche Zuschauer über elf Jahre. Auch für die Besucher gilt natürlich Maskenpflicht.

Die Pandemie hat sich leider nicht in Luft gelöst, wie der frühere US-Präsident Donald Trump einst fabuliert: «Corona wird einfach weggehen, einfach so, wenn es wärmer wird, im Frühling.»

Heute ist Trump weg, Corona ist noch da, und die Erdenbürger weltweit kämpfen gegen neue Erkrankungswellen oder für die Rückkehr in die Normalität. Angesichts des Leids vieler Menschen empfinde ich den Aufwand für die Arbeit als GP-Berichterstatter gewiss nicht als Grund für Gejammer.

Zudem gilt, was Formel-1-CEO Stefano Domenicali gesagt hat: «Der Kampf gegen Corona zwingt uns anhaltend, hellwach und flexibel zu bleiben. Es wird weitere Rennen geben, die nicht stattfinden können. Wir haben für jeden geplanten WM-Lauf einen Plan B, C und D.»



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