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Singapur-GP: Piloten ohne Sprit? Safety-Car-Poker?

Von Mathias Brunner
Die Pistencharakteristik des Strassenkurses könnte möglich machen, was wir bislang in der neuen Turbo-Ära nicht erlebt haben – dass Formel-1-Piloten reihenweise ohne Sprit ausrollen.

Erinnern Sie sich noch an die Horrorszenarien, die vor dem Schritt in die neue Turbo-Ära an die Wand schwarzgemalt wurden? Das war im vergangenen Februar davon die Rede, dass die Autos reihenweise stehenbleiben würden, weil schliesslich fast niemand mit einem Drittel weniger Kraftstoff auskommen werde. Da wurde bereits eifrig in den Regelbüchern geblättert, was eigentlich passiert, wenn in Australien überhaupt kein Auto ins Ziel kommt, wo doch die ganze Technik so unglaublich zerbrechlich sei.

Und was ist von all dem passiert?

Die Rennställe haben die Standfestigkeit im gesunden Rahmen und erstaunlich schnell in den Griff bekommen, und wer mit dem Spritverbrauch in den kritischen Bereich gerät, der muss eben seinen Fahrstil ändern – indem er beispielsweise in die Kurven hineinrollt (das so genannte «lift and coast»).

Aber erleben wir am kommenden Wochenende tatsächlich das erste Mal, dass Piloten in der neuen Turbo-Ära ohne Sprit stehenbleiben?

Denn keine Rennstrecke geht mehr auf den Verbrauch als der Strassenkurs von Singapur. So sagt Renault-Techniker Rémi Taffin: «Bei nur 45 Prozent Volllast haben die Verbrennungsmotoren und der Turbolader ein verhältnismässig leichtes Leben, ganz im Gegensatz zum vergangenen Highspeed-GP von Monza. Batterie und kinetische Energierückgewinnung hingegen werden am Limit arbeiten. Wir haben kaum lange Geraden, eher kurze Stücke, dann sofort wieder ein Bremsmanöver. Das alles erfordert eine Antriebseinheit mit möglichst breitem nutzbaren Drehzahlband und mit solidem Drehmoment, aber all dies erhöht auch den Spritverbrauch dramatisch – zehn der 23 Kurven werden im zweiten oder dritten Gang gefahren. Auf keiner anderen Bahn wird so viel Kraftstoff verbraucht wie beim Nacht-GP von Singapur. Hier werden wir an die Grenze der erlaubten hundert Kilo gelangen.»

Ein wichtiger Faktor: Mit grosser Wahrscheinlichkeit wird es eine Safety-Car-Phase geben – dann werden auch die Sorgen des Spritkonsums kleiner. Rémi Taffin meint: «Aber darauf verlassen kann sich keiner. Ich kann mir also nicht vorstellen, dass jemand pokert und mit weniger Kraftstoff, ergo leichterem Rennwagen ins Rennen geht, in der Hoffnung, dass tatsächlich der Führungswagen rauskommt.»

Aufgrund der Pistencharakteristik glaubt Taffin auch, dass Renault den überlegenen Mercedes näher sein wird als beim Italien-GP.

Die hohe Luftfeuchtigkeit und die Möglichkeit von Niederschlägen machen dem Franzosen hingegen wenig Sorgen. Rémi grinst: «Wenn das System bei Verhältnissen wie in Malaysia und Belgien wasserdicht ist, dann ist es auch in Singapur wasserdicht.»

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