Marko: «Formel 1 braucht Schweizer Taschenmesser»
Dr. Helmut Marko: «Wir werden keine Person finden, die alle Anforderungen erfüllt, so wie das Bernie Ecclestone jetzt tut»
Die Diskussion um die Führungsstrukturen in der Formel 1 ist angesichts des Cockpit-Wechsels von Red Bull Racing-Aufsteiger Max Verstappen und Toro Rosso-Rückkehrer Daniil Kvyat nicht verstummt. Hinter den Kulissen wird immer noch heftig debattiert, welche Führungsstruktur der Formel 1 eine erfolgreiche Zukunft garantiert.
Bernie Ecclestone hat seinen Standpunkt zuletzt in Russland wieder einmal klar gemacht. Der Chefvermarkter der Formel-1-WM erklärte in der Sport-Tageszeitung «Sovetsky Sports»: «Ich habe mich oft darüber beschwert, und heute tue ich es erneut – unsere Struktur ist einfach falsch. Wir haben es Ferrari und Mercedes erlaubt, dass sie unsere Show leiten. Wie sie das machen? Indem sie den meisten Rennställen Motoren liefern, und diese Motoren sind elementar für die Teams.»
Der 85-jährige Brite schimpfte: «Wenn wir dann etwas Neues einführen wollen, dann brauchen wir die Kooperation der Teilnehmer, und das ist falsch. Das passiert eben, wenn Demokratie nicht funktioniert. Wir müssen zurück zu den guten alten Tagen, als wir die Formel 1 zu dem machten, was sie heute ist. Als ich in einer viel machtvolleren Position war. Als ich ein Diktator war! In der gegenwärtigen Demokratie manipulieren gewisse Leute den Sport aus ureigenem Interesse.»
Rückendeckung bekommt der Baumeister der modernen Formel 1 von Red Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko. Der Grazer beantwortet die Frage der Kollegen von Formula1.com, ob Ecclestone mit seiner Forderung Recht habe und die Formel 1 einen Diktator brauche: «Hundertprozentig ja. Aber es ist schwierig, heutzutage einen zu finden!»
Der 73-jährige Grazer ist sich sicher: «Man darf den Teams keine Macht geben. Es ist aber natürlich schwierig, ihnen die Macht wieder wegzunehmen. Wahrscheinlich geht das nur mit einem neuen Concorde Agreement. Die Teams sollten sich wieder auf den Rennbetrieb konzentrieren.»
Auch auf die Frage, ob die Teams genug Vernunft aufbringen würden, um sich zusammenzuraffen, hat Marko eine klare Antwort: «Nein, aber ich betone noch einmal: Alles wird besser, wenn die Teams erst einmal entmachtet sind.» Und er betont, dass Red Bull durchaus bereit wäre, die eigene Macht aufzugeben, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass auch die richtigen Leute an der Spitze der Formel 1 stehen.
Marko ist überzeugt: «Wir werden keine Person finden, die alle Anforderungen erfüllt, so wie das Bernie jetzt tut. Du brauchst einen gerissenen Geschäftsmann und ein Marketing-Ass, das den Sport kennt und über exzellente politische Verbindungen verfügt.»
Zum Schluss fügt der Österreicher lachend an: «Wahrscheinlich brauchen wir eine Art Schweizer Taschenmesser, das alles bietet, was man zum überleben braucht.»