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Dutch-TT: Viel Tradition & kurioses Verkehrskonzept

Kolumne von Günther Wiesinger
Die Dutch-TT in Assen ist aus dem GP-Kalender nicht wegzudenken. Aber die neuen GP-Promoter machen sich mit manchen Entscheidungen unbeliebt.

Der Stichting Circuit van Drenthe gilt als «cathedral of speed», die Dutch-TT wird als «Mekka des Motorradsports» bezeichnet.

In den Jahren, als Wil Hartog, Jack Middelburg und Boet van Dulmen in Assen um 500-ccm-Siege fighteten und die niederländischen Seitenwagen-Asse um die WM fuhren, erschienen am Renntag bis zu 140.000 Zuschauer.

Das Erfolgsgeheimnis: Der fixe Renntermin am letzten Samstag im Juni, das beispielhafte Rahmenprogramm, dazu die christlichen Eintrittspreise, kostenlose Parkplätze, die legendäre TT-Nacht (die Geschäfte in Assen mussten alle verrammelt werden), die Camping-Abenteuer, die tadellosen Motorradparkplätze samt Sturzhelm-Garderoben und so weiter.

Dazu kam: Das Publikum sitzt nahe an der Strecke, es gab hier lange Zeit keine Autorennen. Die Motorradfahrer sahen keine Leitplanken. Im «worst case» landeten sie in einem Wassergraben.

Der WM-Lauf in Assen war ein Pflichttermin und ist es noch immer.

Auch wenn die Strecke durch diverse Kürzungen (sie war einst rund 8,4 km lang) und Umbauten immer mehr von ihrem Charme verloren hat und der erste Sektor wie ein Supermarkt-Parkplatz wirkt.

Aber jetzt ist in Assen eine neue, hochnäsige Veranstalter-Clique am Werk, seither droht der Grand Prix ein Rennen wie jedes andere zu werden. Arjan Bos ist der neue starke Mann.

Und vor einem Jahr erreichte das Desaster einen traurigen Höhepunkt, als die Verkehrsführung am Sonntag jeder Beschreibung spottete, viele Teammitglieder, Berichterstatter 500 Meter vor dem Fahrerlager von ein paar sturen Funktionären wieder zurückgeschickt wurden, dann eine Stunde im Stau standen und nach zwei Stunden über Schotterwege doch noch im Paddock eintrafen.

Etliche Fahrer verpassten das Warm-Up, weil sie im Stau standen. Manche ließen sich vom Team mit einem Roller abholen.

Es stellte sich heraus: Die Firma «Goudappel & Coffeng» in Deventer hatten dieses irrwitzige Verkehrskonzept mit ein paar offenbar völlig Ahnungslosen ausgetüftelt und für 100.000 Euro an den leichtgläubigen Promoter verkauft.

Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta war so außer sich, dass er drohte, nie mehr nach Assen zurückzukehren.

Und er war beileibe nicht der einzige.

Aber die Assen-Veranstalter haben offenbar nichts dazugelernt.

Heute früh klagten alle Teams, die vor dem ersten Freitag-Training auf der Autobahn von Groningen kamen, die übliche Ausfahrt 31A sei gesperrt gewesen. Sie mussten bei der nächsten Ausfahrt raus und in der Gegenrichtung auffahren, um den Weg ins Fahrerlager zu finden.

«Das Verkehrskonzept war 2017 der einzige Minuspunkt der Veranstaltung», sagt Arjan Bos, im Hauptberuf CEO der Versicherungsgesellschaft TVM.

Deshalb hat man offenbar gewissenhaft dafür gesorgt, dass er erhalten blieb.

Das Rennen zum dritten Mal am Sonntag

2016 wurde die Dutch-TT erstmals am Sonntag ausgetragen.

«Sieben Jahre lang habe ich dem Veranstalter in Assen nahelegt, die Rennen am Sonntag statt am Samstag auszutragen», verriet Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta bei der Dutch-TT 2017 gegenüber SPEEDWEEK.com. «Aber sie haben sich immer mit dem Argument der Tradition dagegen gesträubt. Ich habe erwidert: Die Zeiten haben sich geändert, viele Menschen haben für Samstag andere Pläne. Erst vor einem Jahr haben die Niederländer eingewilligt. Und was ist passiert? Der Grand Prix war ausverkauft.»?

Am Rennsonntag 2016 erschienen in Assen 105.000 Zuschauer. Das waren trotz des nicht gerade einladenden Wetters 10.000 mehr als 2015, als die Rennen noch am Samstag gefahren wurden.

Egbert Braakman, jahrzehntelang Rennsekretär der Stichting Circuit van Drenthe, legte uns die genauen Zahlen vor. «Am Renntag 2016 wurden 105.000 Zuschauer gemeldet. Davon haben rund 91.000 eine Eintrittskarte bezahlt.»

Jaap Timmer, jahrelang Promoter der Dutch-TT, im Hauptberuf Opel-Händler, nebenbei Vorsitzender der FIM Road Racing Commission (CCR) und im Frühjahr 2017 verstorben, erinnerte sich 2016 noch an die allerbesten Zeiten.

«1982 hatten wir am Renntag hier 142.000 Zuschauer. Aber damals war die Strecke mehr als 8 km lang. Auf der heutigen 4,5-km-Piste würden wir so viele Fans gar nicht mehr unterbringen.»

Andere TT-Haudegen behaupten, beim 125-ccm-GP-Sieg 1989 von Hans Spaan hätten sogar 148.000 Zuschauer Eintritt bezahlt.

9100 neue Tribünenplätze

Das Programm für die Dutch-TT ist immer noch attraktiv. Ein 3-Tage-Passe-Partout wurde im Online-Vorverkauf für 76 Euro angeboten. Im Vorverkauf kosteten die günstigsten Tickets 46 Euro.
Kein Wunder, wenn inzwischen viele ehemalige Sachsenring-Besucher in die Niederlande reisen. «Hier kostet ein Tribünenticket in der Strubben-Kurve weniger als ein Stehplatz beim deutschen Grand Prix», berichtete ein Besucher.

Inzwischen haben die Assen-Betreiber ein Investitionsprogramm von 16 Millionen Euro begonnen. Für 2018 wurden 9100 neue Tribünenplätze geschaffen. In der Winterdijk-Kurve (vor der letzten Schikane) und der Haarbocht (vor Kurve 1) sitzt das Publikum jetzt wesentlich bequemer.? Immerhin sind alle 56.000 Tribünenplätze wieder ausverkauft.

?Für die Zuschauer wurde auch ein 27 km langes Glasfaserkabel unter die Erde gelegt, um den TT-Fans einen schnelleren Internet-Zugang zu ermöglichen.

Was unterirdisch passiert, ist manchem Fan und Teammitglied egal, solang es die Assen-Betreiber überirdisch nicht schaffen, die Besucher wie in den 70 Jahren zuvor anständig und ohne konstanten Ärger an ihren Bestimmungsort zu geleiten.

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