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Paolo Ciabatti: Warum der Deal mit Lorenzo scheiterte

Von Günther Wiesinger
Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti beschreibt erstmals im Detail, warum die Vertragsverlängerung mit Jorge Lorenzo gescheitert ist.

Ducati Corse wollte nach dem zweiten WM-Rang 2017 und den sechs grandiosen Saisonsiegen von Andrea Dovizoso in dieser Saison die MotoGP-Weltmeisterschaft erstmals seit 2007 (mit Casey Stoner) gewinnen.

Aber als bester Ducati-Fahrer liegt «Dovi» nach 9 von 19 Rennen in der WM-Tabelle an vierte Stelle, 77 Punkte hinter Marc Márquez, der sechs von neun Rennen gewonnen hat.

Ducati siegte mit Lorenzo in Mugello und Montmeló, Dovizioso triumphierte beim Auftakt in Doha.

Aber der Wermutstropfen: Jorge Lorenzo wechselt nach dieser Saison zu Repsol-Honda.

Ducati hatte nicht genug Geduld mit dem Ausnahmekönner und fünffachen Weltmeister aus Mallorca.

«Es ist schade, dass Jorge Lorenzo mit der Desmosedici nicht ordentlich zurechtkommt», stellte Ducati-CEO Claudio Domenicali eine Woche vor dem Mugello-GP 20918 fest.

Eine Jobgarantie sieht anders aus.

Und dann legte er nach: «Ducati steht jetzt voll hinter Andrea Dovizioso.»

Die Medien empfanden diese Aussagen als Fußtritt gegen den stolzen Spanier Jorge Lorenzo. Es war eine Art Abschiedsrede.

Auch für Ducati-Renndirektor Gigi Dall’Igna und Sportdirektor Paolo Ciabatti waren diesen Aussagen nicht sonderlich hilfreich.

Sie hatten nämlich ihre ursprünglichen Pläne über den Haufen geworfen und die Vertragsverlängerung mit Lorenzo bis nach dem Mugello-GP hinausgezögert.

Ciabatti ging deshalb nach Lorenzos Mugello-Sieg auf dessen Manager Albert Valera zu und raunte ihm ins Ohr: «Wir haben gewartet – wie vereinbart. Jetzt können wir reden.» Aber Valera zeigte ihm die kalte Schulter. «Jetzt ist es zu spät.»

Zwei Tage später bestätigte Repsol-Honda die Trennung von Pedrosa, Lorenzo wurde als neuer Teamkollege von Marc Márquez für 2019 und 2020 präsentiert.

Auch die neuen Schalmeientöne von Claudio Ducati nützten nichts mehr. «Jorge kann die MotoGP-WM 2018 gewinnen», frohlockte Domenicali nach dem Sieg in Mugello.

Und Jorge Lorenzo bestätigte später: «Ich habe nach dem Le-Mans-GP gemerkt, dass ich bei Ducati nicht mehr willkommen bin. Deshalb bin ich auf HRC zugegangen.» Domenicali machte seine folgenschweren Bemerkungen vier Tage nach dem Rennen in Le Mans, das Jorge auf Platz 6 beendete.

Bei Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti klingt im Interview mit SPEEDWEEK.com durchaus Wehmut durch. Denn Jorge Lorenzo ist kein Fahrer wie jeder andere.

Ob ihn Danilo Petrucci vollwertig ersetzen kann, bleibt abzuwarten.

Paolo, hat sich die Situation nach der Zieldurchfahrt in Mugello so zugetragen, wie SPEEDWEEK.com das beschrieben hat?

Ja, wir haben auch den Erklärungen von Jorge nach dem Rennen entnommen, dass er sich entschieden hatte, woanders hinzugehen.

Wir haben immer gesagt, dass Jorge ein großes Investment für Ducati ist. Und er ist das in diesem Jahr noch immer. In jeder Beziehung. Finanziell und auch was unsere Anstrengungen betriff, die Desmosedici für seinen Geschmack zu entwickeln. In eine Richtung, die besser zu seinem Fahrstil passt. ?Aber bis zum ersten Sieg in Mugello haben sich diese Bemühungen nie wirklich ausgezahlt, Ja, es gab Rennen, bei denen er geführt hat oder bei denen erst in der Spitzengruppe lag.

Aber dann ist er ermüdet und hat in der zweiten Rennhälfte Boden verloren.

Mit der Ausnahme von Sepang 2017, wo er den Sieg laut Teamorder seinem Teamkollegen Dovizioso überlassen hat.

Mit der Ausnahme von Sepang 2017, ja. Definitiv.

Wir haben bei den letzten Grand Prix im Vorjahr bei Jorge einen sehr positiven Aufwärtstrend erlebt. Deshalb haben wir diesen Level als Ausgangspunkt für die Ergebnisse 2018 erwartet. Die Saison begann dann mit der Bestzeit beim ersten Test in Sepang sehr erfreulich und vielvesrprechend.

Jorge gelang in Malaysia ein neuer inoffizieller Rundenrekord.

Aber dann folgte der Thailand-Test, der ein bisschen ein Desaster wurde. Danach sind die Ergebnisse nicht so gewesen, wie wir erwartet haben.

Der positive Trend von 2017 schien nach dem Sepang-Test wie weggeblasen zu sein.

Lorenzo kassierte bei den ersten vier Rennen nur sechs Punkte. Auch jetzt liegt er nur einen Punkt vor Petrucci. Aber er hat zwei Siege errungen.?

Nach den drei Übersee-Rennen im Frühjahr haben wir mit Jorge vereinbart, die ersten drei Rennen in Europa abzuwarten, also Jerez, Le Mans und Mugello. Wir wollten beobachten, wie sich die Dinge entwickeln.

Wir dachten: Wenn es weiter kompliziert für ihn ist, unser Motorrad zu fahren und wenn es uns nicht wirklich gelingt, die Desmosedici so zu entwickeln, dass sie seinem Fahrstil entgegenkommt, dann ist es besser für alle Beteiligten, getrennte Wege zu gehen.

Deshalb haben wir die Verhandlungen nach den Übersee-Rennen für eine gewisse Zeit auf Eis gelegt. Wir wollten abwarten.

Denn mit den Ergebnissen der ersten Rennen gab es für uns keinen Grund, über die Zukunft zu diskutieren. Denn Jorge will nicht in einem Team bleiben, wenn er nicht gewinnen kann. Und Ducati will nicht mit so einem Champion weitermachen, wenn wir ihm keine Gelegenheit und kein technisches Umfeld für Siege ermöglichen können. Das wäre für beide Seiten nicht reizvoll und nicht sinnvoll gewesen.

Deshalb haben wir vereinbart: Keine Diskussionen über Geld, Zukunft und so weiter bis nach den ersten drei Grand Prix in Europa. Dann wollten wir weitersehen.

Jerez war gut bis zum Crash mit Dovi und Pedrosa. In Le Mans war mittelmäßig. Dann kam Mugello, wo es extrem gut lief. Auch Barcelona war großartig.

Aber beim Italien-GP haben wir gemerkt, dass es zu spät war.

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