Verzweiflung bei Yamaha: «Wir brauchen den V4 jetzt»

Die Yamaha-Fahrer, hier Fabio Quartararo, sind sich einig: Mehr geht mit dem Reihenvierzylinder-Motor nicht
Da der spektakuläre Marc Marquez die gesamte Aufmerksamkeit auf sich zog, blieben die guten Leistungen der Yamaha-Fahrer in den letzten Grands Prix etwas unbemerkt. In Austin belegte Fabio Quartararo nach einem seiner besten Rennen der letzten Zeit den fünften Platz. Am Sonntag egalisierte Jack Miller mit seiner M1 in den Farben von Pramac dieses Ergebnis, wobei in beiden Fällen die Yamaha als erste Nicht-Ducati ins Ziel kam.
In Katar stellte Quartararo erneut seine Form unter Beweis und sicherte sich einen Platz in der ersten Startreihe, was eine Yamaha in der MotoGP-Ära nur selten geschafft hat. Am Samstag gab ein weiterer fünfter Platz als bester Nicht-Ducati-Fahrer erneut denjenigen Recht, die in der Yamaha-Box lautstark die Einführung des V4-Motors fordern.
Aber der Pragmatismus der Ingenieure gebietet Zurückhaltung – alles zu seiner Zeit. Den neuen V4 auf die Strecke zu bringen, ohne die Zuverlässigkeitstests durchgeführt und bestätigt zu haben, dass er mindestens so wettbewerbsfähig ist wie der aktuelle 4L, wäre ein enormes Risiko. Und obwohl Yamaha schnell vorankommt, brauchen Entwicklungen Zeit.
Der erste öffentliche Auftritt des V4 fand bereits bei den Tests vor Saisonbeginn in Sepang statt, allerdings fuhr er damals nur wenige Runden. Bei den Tests diese Woche in Valencia legte der V4 hingegen viele Runden zurück. Das kühle Wetter mit viel Wind beeinträchtigte diese Tests erheblich, allerdings mehr die Arbeiten zur Verbesserung des aktuellen Motorrads als die des Modells, das irgendwann in dieser Saison zu sehen sein wird. Die Tatsache, dass man sich bereits in der Phase der Haltbarkeitsprüfung befindet, lässt vermuten, dass wir die Yamaha V4 noch vor der Sommerpause im Renneinsatz sehen werden. Wir erinnern daran, dass Augusto Fernandez seine Teilnahme als Wildcard in sechs Grands Prix bestätigt hat, beginnend in Jerez am Wochenende nach Ostern.
Die V4-Konfiguration muss die beiden großen Probleme lösen, die bei der aktuellen 4L-Version auftreten: die schlechte Aerodynamik und die mangelnde Traktion.
Zwei Parameter beeinflussen den Luftwiderstand. Zum einen ist da der Luftwiderstandsbeiwert, der definiert ist durch die Leichtigkeit, mit der die Luft um ein Objekt strömt. Und zum anderen die Frontfläche, also die Fläche, die ein Objekt von vorne gesehen einnimmt. Der Luftwiderstand wird stärker von der Frontfläche als vom Luftwiderstandsbeiwert beeinflusst. Daher ist ein V4 bei gleicher Leistung aufgrund seiner geringeren Frontfläche aerodynamisch immer besser als ein 4L.
Das heißt, Yamaha müsste den leistungsstärksten Motor der Klasse haben, um sein aerodynamisches Defizit auszugleichen, was bekanntlich nicht der Fall ist. Und selbst wenn dies der Fall wäre, müsste diese Überlegenheit auch nutzbar und nicht nur theoretisch sein. Angesichts der Traktionsprobleme, mit denen Yamaha bereits jetzt zu kämpfen hat, würde mehr Leistung für die Techniker, die an den GP-Wochenenden für die Motorräder verantwortlich sind, eher zu einem Albtraum werden.
Die rasante Entwicklung der MotoGP in den letzten Jahren hat der 4L-Konfiguration, die ihre Vorzüge nicht mehr ausspielen kann, einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zwar ermöglicht die Anordnung aller Zylinder im gleichen Block mehr Gewicht auf die Vorderachse zu verlagern als bei einem V4, was den Yamaha-Fahrern sehr viel Gefühl für das Vorderrad vermittelt.
Dafür fehlt ihnen jedoch Gewicht an der Hinterachse, was ihnen permanent Kopfzerbrechen bereitet. Wenn sie sich darüber beschweren, dass sie «keine Traktion haben», ist genau das der Grund. Beim Beschleunigen hat das Motorrad hinten nicht genug Gewicht, was dazu führt, dass der Hinterreifen der M1 durchdreht. Die Folge ist ein höherer Reifenverschleiß als bei den Konkurrenten. Daher ist die Leistung der Yamaha im Sprint in der Regel besser als in den Sonntagsrennen. Zwar lässt sich das Durchdrehen mit der Traktionskontrolle reduzieren, aber je mehr elektronische Eingriffe, desto weniger Leistung.
Die Situation, in die der 4L-Motor Yamaha gebracht hat, scheint zu einer unüberwindbaren Mauer geworden zu sein. Die Worte des sehr entmutigten Alex Rins am Sonntagabend nach dem Rennen in Katar erklären dies perfekt: «Man kann von uns Fahrern nicht mehr verlangen. Die Situation ist frustrierend. Ich bin hinter Gegnern gefahren, die deutlich langsamer waren, aber ich konnte sie nicht überholen. Auf der Geraden haben sie mich gleichzeitig rechts und links überholt; ich bin sehr frustriert. Wir können nichts mehr tun, jetzt sind sie an der Reihe, etwas zu tun, die Ingenieure...»