Energiekrise bei Aprilia Racing: Rivola am Scheideweg
Es ist Ostern und Jorge Martin hat bereits drei schwere Unfälle erlitten, die seine Hoffnungen auf einen neuen Start als Weltmeister zunichte gemacht haben. Damit waren auch die Erwartungen der Fans enttäuscht und sämtliche, die Massimo Rivola, der Chef von Aprilia Racing, für 2025 aufgebaut hatte, wurden über den Haufen geworfen.
Bis zum vergangenen Wochenende konnte man sagen, dass diese Pläne in Erwartung der Rückkehr des Champions Jorge Martin verschoben worden waren. Zwar hatte der Spitzenfahrer die ersten drei Grand Prix der Saison verpasst, aber mit noch 18 ausstehenden MotoGP-Events – insgesamt 36 Rennen – wäre das Projekt bei allen Komplikationen noch zu retten gewesen. Doch die erneute Verletzung von Martin und die voraussichtliche Dauer seiner Ausfallzeit werden Massimo Rivola dazu zwingen, seine Pläne für 2025 zu revidieren. Es ist Zeit zum Nachdenken.
Die von der SPEEDWEEK.com-Redaktion befragten Ärzte gehen davon aus, dass Jorge Martin aufgrund der Schwere seiner Verletzungen zwei bis drei Monate benötigen wird, bis er wieder in der Lage ist, ein MotoGP-Motorrad zu fahren. Zwar sind die Genesungszeiten von Rennfahrern bekanntermaßen «magisch», aber sicher ist, die Rehabilitation wird ihn für einige Grand Prix ausfallen lassen. Sein Platz muss von Testfahrer Lorenzo Savadori eingenommen werden, denn Aprilia hat derzeit keine andere Alternative.
Wenn man bedenkt, dass Lorenzo Savadori seine Energie seit Monaten mehr zum Rennenfahren als in seiner eigentlichen Funktion als Testfahrer nutzt – und wenn man sich der Leistung bewusst ist, die man von ihm erwarten kann –, ist es vielleicht an der Zeit, seine Pläne zu überdenken. Ohne Zweifel: Der Italiener versteht sein Handwerk, doch selbst wenn Savadori weiterhin die Doppelrolle meistert, was, wenn in dem eng getakteten GP-Kalender ein weiterer Aprilia-Racer ausfällt?
Ein möglicher Ansatz: Man nehme das Unglück, das Pech oder wie auch immer man es nennen mag, und verwandelt es in eine Chance. Warum nicht die Gelegenheit nutzen und einen vielversprechenden Moto2-Fahrer in den MotoGP-Rennen, in denen Martin fehlt, aufsteigen lassen? Das sportliche Ergebnis würde sich nicht wesentlich von dem unterscheiden, das Savadori erzielen könnte, und Aprilia könnte damit beginnen, «seinen» Fahrer der Zukunft aufzubauen.
Und wenn der Champion zurückkehren würde, könnte «der Neue» ins Testteam wechseln – das wahrscheinlich das schwächste in der MotoGP ist – und als Wildcard-Fahrer an einigen Grand Prix teilnehmen, um seine Ausbildung zu vervollständigen. Wenn es dann an der Zeit wäre, seinen Leistungsstand zu überprüfen, hätte Aprilia einen Ersatz bereitstehen.
Doch Theorie und Praxis liegen weit auseinander. Zum jetzigen Zeitpunkt, da sich auch in der Moto2-WM erste Titelkandidaten und Ambitionen der Team ausprägen, spricht wenig dafür, dass es zu einem Adhoc-Aufstieg eines Fahrers aus der mittleren Kategorie kommt. Denn dadurch das sämtliche MotoGP-Piloten der Venezianer Verträge bis Ende 2026 haben, würde es bei einen Einsatz auf Zeit bleiben.
An der Aufgabenstellung Massimo Rivola ändert dies nichts – es gilt sich ein zusätzliches fahrerisches Großkaliber in die Box zu holen.