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Jorge Lorenzo versichert: «Alles wird wieder normal»

Von Frank Aday
Weltmeister Jorge Lorenzo sprach nun ausführlich über die Saison 2015, seinen Weg zum fünften WM-Titel und Gegner wie Marc Márquez, Casey Stoner und Valentino Rossi, die ihn während seiner Karriere begleiteten.

Die Saison 2015 ist zu Ende. Der neue Weltmeister heißt Jorge Lorenzo. Obwohl ein zehnter Titelgewinn von Altmeister Valentino Rossi ein großer Gewinn für den 36-Jährigen und die MotoGP-WM gewesen wäre, ist Lorenzo sicher ein verdienter Weltmeister. In diesem Jahr war der 28-Jährige der schnellste Mann auf zwei Rädern. Lorenzo gewann 2015 sieben Rennen und sammelte fünf Punkte mehr als Rossi.

Vor dem Saisonstart 2015 tat Jorge Lorenzo alles, um den Titelkampf in bestmöglicher Form aufzunehmen. «Wir haben mehr oder weniger ab dem Beginn 2014 so hart trainiert, weil meine Kondition nicht auf bestem Stand war. Und nach und nach habe ich mich verbessert. Wir sind 2015 fitter nach Katar gekommen als 2014 und auch das Bike war besser als 2014», stellte Lorenzo fest.

Nach Schwierigkeiten in den ersten drei Saisonrennen legte Lorenzo eine beeindruckende Siegesserie hin und blieb vier Rennen in Folge ungeschlagen. «In Katar passierte die Sache mit dem Helm, dass ich in den letzten Runden nichts mehr sehen konnte. In Austin war ich schwach und habe Antibiotika genommen, in Argentinien waren wir das ganze Wochenende nie schnell und wir haben uns auch für die weichen Reifen entschieden... Es wäre die bessere Entscheidung gewesen, den harten zu nehmen. Also verlor ich 29 Punkte auf den Führenden der Meisterschaft. Ich musste also schnell reagieren und in Jerez dachte ich mir nur ‹Ok Jorge, du musst dort so gut fahren, wie du nur kannst, ohne nachzudenken. Vertraue nur deinem Instinkt› und das habe ich getan. Es hat gut funktioniert. Das war auch der Beginn einer wirklich guten Aufholjagd in den kommenden Rennen.»

Auch in Misano sah es nach einem Durchmarsch von Jorge Lorenzo aus, doch dann setzte pünktlich zum Start des MotoGP-Rennens Regen ein. Im Fahrerlager scherzte man, der Wettergott sei ein Rossi-Fan. «Es gab einige Momente in der Meisterschaft, in denen ich dachte, dass es sehr schwierig ist. Der erste war in Argentinien, als ich 29 Punkte zurücklag. Der andere war wohl Misano. Du kommst Mittwoch an einer Strecke an und bis Sonntag ist das Wetter perfekt und dann stehen Sonntag drei Rennen an und ausgerechnet in deinem Rennen regnet es. Und da werden die Punkte vergeben... Ich war also etwas frustriert, ja. Aber wir haben nie aufgegeben und der Sturz in Misano war ein Schlüsselmoment, denn ich realisierte, dass ich mich nur aufs Gewinnen konzentrieren muss.»

Wie auch der Titelkampf spitzte sich die Situation im Yamaha-Werksteam im Verlauf der Saison immer weiter zu. Rossi war konstanter, Lorenzo schneller. «Valentino war sehr clever, wenn er mit den Medien gesprochen hat, obwohl es manchmal keinen Grund gab, aber er hat es gesagt. Du musst es so gut wie möglich akzeptieren. Es ist normal, dass unser Verhältnis etwas spannungsgeladener wurde. Besonders nach Sepang, als er seine Meinung gesagt hat und ich meine Meinung gesagt habe, wurde die Situation noch etwas angespannter. Ich denke, dass die Vergangenheit schnell in Vergessenheit geraten wird und in Zukunft wieder alles normal wird», ist der 28-jährige Mallorquiner im Gespräch mit «motogp.com» überzeugt.

Vor dem Saisonfinale in Valencia lag Lorenzo noch sieben Punkte hinter Rossi, der nach seinem Foul in Sepang vom letzten Startplatz aus losfahren musste. «Bevor ich nach Valencia kam, habe ich meinem Team in Whatsapp geschrieben ‹Ok Jungs, wir müssen das beste Wochenende unseres Lebens zeigen – in jeder Hinsicht› und das haben wir getan. Ich denke nicht, dass es in der Vergangenheit bisher eine schwierigere und angespanntere Situation mit mehr Druck gegeben hat als diese. Ich habe mir schon vorgestellt, dass Valentino Vierter werden würde, also wusste ich, sollten Marc oder Dani mich beide überholen, dann würde ich die Meisterschaft verlieren. Ich habe also gebetet: ‹Bitte nicht, probiert doch dieses Mal nicht alles.› Aber ich wusste nicht, dass auch sie viele Probleme mit dem Vorderreifen hatten. Wir gewannen das Rennen und damit die Meisterschaft im letzten Moment. Ein emotionaleres, dramatischeres Ende der Meisterschaft war unmöglich.»

In der Auslaufrunde wurde Lorenzo nach dieser harten Saison von seinen Gefühlen übermannt. «Ich weine nie auf dem Bike, das habe ich mein ganzes Leben noch nicht getan. Aber dieses Mal war es etwas Besonderes, denn ich wusste, wie viele Opfer dahinterstanden und wie sehr ich gelitten habe, um das zu erreichen. Als ich ins Ziel gefahren war, wusste ich nicht genau wo ich war oder was passiert war. Aber mit jeder Stunde, die verging, realisierte ich, dass es eine großartige Meisterschaft war, eine sehr harte Meisterschaft, sie war sehr hart zu gewinnen und schließlich ist es uns gelungen. Manchmal scheint es fast unmöglich, aber wir haben nie aufgegeben und alles versucht und am Ende zahlten sich die Anstrengungen aus.»

«Wenn du eine Meisterschaft verlierst, bei der du das Gefühl hast, sie zu erreichen und sie dir dann doch aus den Händen gleitet, dann denkst du, dass du den Titel verdient hast, den du nicht gewinnen konntest. Aber das passiert in allen Sportarten. Das Einzige, das ich sagen kann ist, dass wir diejenigen mit mehr Siegen, fünf Pole-Positions, 270 oder irgendwas Führungsrunden waren, während Valentino nur 50 geführt hat. Wir lagen auch im Training öfter vorne, auf der ersten Position... Wir kamen in Valencia an und holten uns die Pole, fuhren die schnellste Runde des Rennens und gewannen schließlich. Es ist schwierig, noch mehr zu erreichen, um zu beweisen, dass du den WM-Titel verdient hast», entgegnet Lorenzo seinen Kritikern.

Der Spanier ist seit Jahren einer der schnellsten Piloten der Welt und stets ein Anwärter auf den MotoGP-Titel. «Von 2009 bis 2015, abgesehen vom letzten Jahr, wo ich Dritter wurde, landete ich immer auf dem ersten oder zweiten WM-Rang. Wenn du mental nicht stark bist, kannst du derartige Ergebnisse nicht erreichen. Es macht mich sehr stolz zu sagen, dass ich sechs oder sieben Jahre lang Erster oder Zweiter war, aber es macht mich auch sehr stolz, Champion zu sein und das im Kampf gegen drei Generationen anderer Champions: wie Marc Márquez, der jünger ist, Casey Stoner, der genauso alt ist wie ich, und Valentino Rossi, der älter ist. Für mich sind diese drei Fahrer die talentiertesten und schnellsten im 21. Jahrhundert und vielleicht darüber hinaus.»

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