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Honda-Manager: «Vom Speed ist Stefan Bradl 1. Wahl»

Von Ivo Schützbach
Es mag für Honda nicht politisch korrekt geklungen haben, doch Stefan Bradl behält mit seiner Kritik an der neuen Fireblade Recht. Obwohl er 2017 der schnellste Honda-Fahrer war, hat er noch keinen Vertrag.

Stefan Bradl lag in der Weltmeisterschaft vor Nicky Hayden, als dieser im Mai von uns ging. Der Bayer eroberte den besten Startplatz und das beste Rennergebnis in dieser Saison. Wurde seine feinfühlige und offene Art anfänglich von Honda als Pluspunkt gewertet, um die lahme neue Fireblade schnellst möglich auf Vordermann zu bringen, schlug die Stimmung bald um.

Den Aussagen von Red-Bull-Teammanager Ronald ten Kate und Honda-Superbike-Manager Marco Chini ließ sich bereits seit dem Event in Laguna Seca im Juli entnehmen, dass sich das Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit mit Stefan Bradl im Rahmen hält.

Vielleicht hat der ehemalige Moto2-Weltmeister zu lautstark Kritik an der schleppenden Weiterentwicklung und seiner Mechaniker-Crew geäußert. Bradl beschwerte sich oft über die Cosworth-Elektronik und über die aggressive Kraftentfaltung, aber es besserte sich von Februar bis heute nichts.

In Jerez wurde ein neuer Tiefpunkt erreicht, die Ersatzfahrer Davide Giugliano und Takumi Takahashi verloren im Rennen pro Runde 2 bis 3 sec auf die Spitze und brachten nur einen mickrigen WM-Punkt nach Hause.

Bradl fällt nach seiner Handverletzung in Portimao für den Rest der Saison aus, wie seine Karriere weiterverläuft, ist unklar.

HRC macht kein Geheimnis daraus, dass Bradl für das geplante MotoGP-Testteam ein Gewinn wäre, seine Testfahrerqualitäten sind aus den Jahren bei LCR Honda in guter Erinnerung.

Auch Yamaha denkt darüber nach ein MotoGP-Testteam zu installieren, auch dort ist Bradl aus seiner Zeit mit Forward bekannt und ein Thema.

Das Superbike-WM-Team Red Bull Honda hat für 2018 bislang nur Leon Camier unter Vertrag. Für den zweiten Platz werden Loris Baz, Sylvain Guintoli, Jake Gagne und Davide Giugliano gehandelt.

Wie er mit Stefan Bradl verblieben ist, verriet Honda-Manager Marco Chini im ausführlichen Interview mit SPEEDWEEK.com.

Marco, wie steht es mit der Verpflichtung des zweiten Fahrers?

Diese Diskussion gestaltet sich kompliziert. Wir haben eine Liste mit Namen und besprechen diese mit unseren Partnern.

Baz und Giugliano stehen bei Hauptsponsor Red Bull nicht eben hoch im Kurs, Jake Gagne ist seit Jahren ein Red-Bull-Athlet und Honda-Fahrer aber kaum schnell genug. Wie stehen seine Chancen auf den WM-Platz?

Es ist nicht so, dass Red Bull bestimmte Fahrer ablehnt. Aber natürlich bevorzugen sie Red-Bull-Fahrer, die bereits in das Projekt involviert sind, allen voran Stefan Bradl. Und Jake Gagne.

Du hast die Option auf Bradl für 2018 nicht gezogen, du hast gewisse Vorbehalte. Habt ihr euch seit seiner Verletzung in Portimao darüber unterhalten, gemeinsam weiterzumachen? Oder steht das außer Diskussion?

Stefan Bradl steht nach wie vor oben auf meiner Liste.

Die Grundidee war, mit Stefan weiterzumachen.

Dann taten sich jede Menge komplizierte Situationen auf – von beiden Seiten.

Es gibt Gründe, weshalb wir mit der Saison 2017 und mit Stefan nicht vollkommen glücklich sind.

Wenn das Motorrad es erlaubte, war er schnell. Dass er jetzt verletzt ist, verkompliziert alles noch mehr. Aber die Gespräche laufen.

Dass die Entscheidung bezüglich des zweiten Fahrers dauernd vertagt wird liegt daran, dass so viele Parteien in die Entscheidungsfindung eingebunden sind.

Bradl verhielt sich aus Honda-Sicht politisch nicht korrekt, er ist bislang aber der mit Abstand schnellste Honda-Fahrer. Siehst du einen anderen Fahrer, der seinen Speed hat?

Sein Potenzial steht außer Frage.

Es geht aber auch um andere Dinge, wie die Motivation. Ich verstehe, dass seine Motivation auf Grund der Vorkommnisse litt – aber es gibt eine Grenze. Wir erwarten von einem professionellen Rennfahrer, dass er sich in seiner Arbeit mit den Medien uns gegenüber korrekt verhält.

Auch das Acht-Stunden-Rennen in Suzuka ist sehr wichtig für Honda.

Aus diesen Gründen sind wir nicht völlig glücklich mit ihm.

Gleichzeitig tut es uns aber auch leid, dass wir ihm keine Saison bieten konnten, wie er sie erwartet hat. Uns ist bewusst, dass es einen schnellen Fahrer wie Stefan frustriert, wenn es so läuft, wie es lief.

Habt ihr die Probleme gemeinsam besprochen?

Ja, wir redeten darüber, was diese Saison gut und was schlecht lief.

Der ausschlaggebende Punkt ist für mich die Motivation. Ich habe nicht das Gefühl, dass Stefan 100-prozentig gewillt ist, mit uns hart an diesem Projekt weiter zu arbeiten.

Für Außenstehende mag sich das seltsam anhören, aber für uns ist dieses Detail ausgesprochen wichtig. In einer delikaten Situation wie unserer muss man auf so etwas achten.

Deshalb sind wir uns wegen Leon Camier alle einig. Wir wissen, dass er schnell ist. Wir wissen aber nicht, was er auf unserem Motorrad leisten kann. Wir gehen davon aus, dass sich MV Agusta wegen Leon verbessert hat.

Was uns aber wirklich beeindruckt hat, ist seine Motivation. MV ist auch ein schwieriges Projekt, das Motorrad ist nicht das Neueste. Trotzdem ist seine Hingabe und Motivation unbeschreiblich hoch.

Als Nicky Hayden noch unter uns weilte, war die Motivation von Bradl nie ein Thema. Dann war er auf sich alleine gestellt und hatte keine Referenz mehr. Als er in Portimao stürzte, lag er aber auf Platz 7 und zeigte viel Biss.

In Portimao funktionierte unser Motorrad ordentlich. In Magny-Cours ebenfalls. In Jerez hatten wir erneut Probleme mit unserem Elektronik-Paket. Die Inkonstanz ist einer der Gründe zu Magneti-Marelli zu wechseln.

Für uns ist Stefan Bradl der Fahrer mit dem größten Potenzial, den wir dieses Jahr auf dem Motorrad hatten.

Glaubst du nicht, dass er sich mit einem starken Teamkollegen wie Camier sehr bemühen würde? Dann muss er alles geben.

Ganz sicher.

Unser Projekt braucht einen Neustart. Mit anderen Zulieferern, mit einer anderen Struktur und einem sehr motivierten Teamkollegen. Wir hoffen auch, dass Camier sehr schnell ist. Das würde Stefan dabei helfen, seine Attitüde zu ändern. Das würde die Mentalität von jedem im Team ändern.

Letztlich zählen im Rennsport nur Rundenzeiten und Ergebnisse. Wenn du Bradl als den besten Honda-Fahrer in diesem Jahr einschätzt, warum dauert es dann so lange, ihn erneut zu verpflichten? Will er nicht mehr?

Wenn sich alle einig sind wie bei Camier, dann geht alles sehr schnell.

Wenn aber jeder nachdenken muss und Einwände bringt, dann verlangsamt das den Prozess.

Wir haben keinen zeitlichen Druck. Baz oder Giugliano zu nehmen, wäre die einfache Wahl.

Weshalb wir uns so viel Zeit nehmen ist, weil wir davon überzeugt sind, dass Bradl das meiste Potenzial hat.

Es dauert so lange, weil wir mit Stefan Gespräche führen. Wir wollen zusammen herausfinden, ob wir nächstes Jahr gemeinsam arbeiten wollen.

Nach Nickys Tod waren alle deprimiert. Dann kam wegen fehlender Ergebnisse Frustration hinzu.

Auf dem Lausitzring fuhr Stefan gut und stürzte auf dem Öl von Lowes Bike. In Portimao war er wieder schnell, stürzte und verletzte sich so schwer an der Hand, dass seine Saison beendet ist.

Ich verstehe, weshalb er frustriert ist. Die Technik trug dazu bei. Und das Superbike ist etwas anderes als das, was er aus vielen Jahren in der MotoGP-WM gewöhnt war. Als wir die Option auf ihn nicht einlösten, versuchte er zurück ins MotoGP-Fahrerlager zu kommen. Das verstehe ich alles.

Stefan hat nie wirklich den Willen gezeigt, dass er mit uns weitermachen will. Er hat mir keine regelmäßigen Updates bezüglich seiner Gesundheit gegeben.

Und er hat das Gefühl, dass ihr euch nicht für ihn interessiert, weil du nicht bei ihm nachfragst.

Das stimmt so nicht, ich habe ihn angerufen. Ich wollte Informationen haben, ob er nach seiner Operation wieder 100-prozentig in Ordnung kommt. Das ist ein weiteres Fragezeichen. Das war eine sehr komplizierte OP.

Ich erwarte von einem Fahrer, dass er mich überzeugt, dass er nächstes Jahr seine volle Leistungsfähigkeit abrufen kann.

Bei Honda war es schon immer so, dass erst Honda kommt und dann der Fahrer. Aus diesem Grund hat Valentino Rossi damals Honda verlassen. Ich bin stolz, dass ich ein Angestellter von Honda bin, weil Honda eine schöne Philosophie hat.

Wenn du denkst, dass du ein Superstar bist und meinst, dass Honda auf dich wartet, dann musst du einen anderen Hersteller finden.

Du hast mir erklärt, dass HRC sehr enttäuscht davon war, dass Bradl auf den zweiten Suzuka-Test verzichtete und letztlich krankheitsbedingt das Rennen nicht fahren konnte. Jetzt verhandelt HRC mit ihm über den Job als MotoGP-Testfahrer. Wie passt das zusammen?

Als Testfahrer hast du nichts mit Medien zu tun, es geht nicht um den Sport. Du musst technische Aussagen treffen.

Das passt exakt zu dem was ich sage. Wir wissen, dass Stefan Bradl sehr hohes fahrerisches Potenzial hat und die Technik eruieren kann.

Das wahre Problem ist, dass zum Rennsport auch Promotion gehört und das Image der Firma. Wir erwarten von einem Fahrer, dass er mit uns arbeitet.

Wenn ich das Gefühl habe, dass ein Fahrer meint, dass er seine Zeit in einer unwichtigen Meisterschaft in einem unwichtigen Projekt verschwendet, dann ist es keine gute Entscheidung zusammenzuarbeiten.

Hat sich Bradl bei PR-Events oder gegenüber Sponsoren nicht ordentlich aufgeführt?

Das war alles okay.

Ich erinnere mich aber nicht an einen Artikel von Stefan Bradl, in dem er etwas Positives sagt. Oder wenigstens, dass wir uns bemühen. Er sagt nur, dass es ein totales Desaster war. Das ist peinlich für unsere Firma.

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