Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Mercedes: 100 GP – 84 Pole-Positions und 74 Siege!

Von Mathias Brunner
Das übliche Bild: Wo Mercedes ist, ist vorne

Das übliche Bild: Wo Mercedes ist, ist vorne

​Der Mercedes-Höhenflug in der neuen Turbo-Ära geht weiter: Fünf Jahre, fünf Fahrer-WM-Titel, fünf Mal den Konstrukteurs-Pokal errungen. Zahlen zeigen, wie erdrückend überlegen Mercedes ist.

Anfang 2014 haben wir ein neues Formel-1-Motorreglement erhalten, und keiner hatte die Hausaufgaben besser gelöst als Mercedes-Benz. Seither strahlt der Stern besonders glanzvoll. 2014, 2015, 2017 und 2018 ist Lewis Hamilton Weltmeister geworden, 2016 konnte Nico Rosberg den Durchmarsch des Engländers verhindern. Fünf Mal hintereinander hat Mercedes die Markenwertung gewonnen, den Konstrukteurs-Pokal. Nur Ferrari hat das mit sechs Titeln in Serie noch besser gemacht (von 1999 bis 2004, in der goldenen Ära mit Michael Schumacher). Einige Zahlen verdeutlichen, wie überlegen Mercedes in der Turbo-Ära wirklich ist.

Wir haben von Australien 2014 bis Abu Dhabi 2018 exakt 100 WM-Läufe erlebt. Bei 84 Prozent davon stand ein Silberpfeil auf der Pole-Position. Allerdings ist die Erfolgsquote von Mercedes am Sinken. 2014 und 2015 eroberte der Rennstall aus dem englischen Brackley noch jeweils 18 Poles, 2016 sogar 20. 2017 jedoch sank der Anteil Poles auf 15, 2018 auf 13. Das zeugt von einem erstarkten Ferrari. Die Italiener holten in 100 Qualifyings zwölf Mal die Pole, Red Bull Racing drei Mal, 2014 konnte Williams die Vormachtstellung der drei Top-Teams einmal durchbrechen.

Mercedes hat annähernd drei Viertel aller Rennen gewonnen: 74 von 100. Die restlichen 26 Siege teilen sich Ferrari (14) und Red Bull Racing (12). Jetzt mal ganz ehrlich: Wüssten Sie, wann letztmals ein anderer Rennstall als die erwähnten drei Top-Teams siegreich war? Es war Kimi Räikkönen im Lotus-Renault beim Saisonstart 2013 in Melbourne, also vor fünfeinhalb Jahren oder 118 Rennen!

Wie sieht es mit besten Rennrunden aus? Ein Fahrer von Mercedes-Benz war im Schnitt bei jedem zweiten Rennen der schnellste Mann, in 53 Fällen. Red Bull Racing und Ferrari kommen auf je 19 beste Rennrunden, Force India auf 3, Williams auf 2, McLaren ebenso, Toro Rosso und Haas auf je 1.

100 Grands Prix, das bedeutet 200 Möglichkeiten für die beiden Mercedes-Fahrer, aufs Siegerpodest zu gelangen. Sie haben das 147 Mal geschafft! Ferrari kann 73 Podestränge vorweisen, Red Bull Racing 57. Die drei Top-Teams kommen damit auf 277 Podestplatzierungen (von 300 Podestplätzen), für die anderen Teams bleiben nur Krümel. Williams-Fahrer standen 15 Mal auf dem Podest, allerdings nur noch zwei Mal in den letzten drei Jahren, Fahrer von Force India fünf Mal, ein McLaren-Pilot zwei Mal, einer von Lotus ein Mal.

Mercedes, Ferrari und Red Bull Racing fahren die restlichen sieben Teams in Grund und Boden. In den vergangenen zwei Grand-Prix-Jahren haben es genau zwei Fahrer ausserhalb dieser drei Rennställe geschafft, aufs Siegerpodest zu gelangen. Bezeichnend, dass diese beiden Ausnahmen in den Chaos-GP von Baku passiert sind. Lance Stroll wurde mit Williams 2017 dort Dritter, Sergio Pérez schaffte 2018 mit Force India in Aserbaidschan ebenfalls Platz 3.

Die Top-Teams haben 1646 Punkte zusammengerafft, die sieben Gegner zusammen weniger als ein Drittel davon: 476. Der Abstand zwischen den WM-Dritten Red Bull Racing und den WM-Vierten Renault – fast 300 Punkte.

Formel-1-Sportchef Ross Brawn zieht diese Bilanz: «Im Grunde fahren die sieben anderen Teams eine eigene Weltmeisterschaft. Zwei Podestränge in zwei Jahren, das ist inakzeptabel. Das müssen wir gemeinsam mit FIA und den Rennställen anpacken, denn die Zukunft der Formel 1 hängt davon ab. So kann es jedenfalls nicht weitergehen.»

Rennstallbesitzer Gene Haas wirkt verzweifelt: «Manchmal geht mir durch den Kopf, dass wir eigentlich gar nicht in der Formel 1 antreten, sondern eher in der Formel 1,5. Es gibt Rennen, da sehe ich den Speed der besten drei Rennställe und denke: „Wow! Wie können wir um so viel langsamer sein? Was machen wir falsch?“ Dann rede ich mit unserem leitenden Ingenieur Ayao Komatsu, und er sagt mir: Eine halbe Sekunde beim Gebrauch der Reifen, eine halbe Sekunde beim Chassis, eine halbe Sekunde bei der Aerodynamik, und schon hast du diesen Rückstand beisammen. Aus heutiger Sicht weiss ich nicht, wie wir 1,5 Sekunden auf ein Top-Team aufholen sollen.»

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