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Michael Schumacher: Mika Häkkinen der einzige Gegner

Von Mathias Brunner
​So überlegen viele seiner Siegesfahrten waren, so fürchtete Michael Schumacher doch einen Gegner, einen allein: Mika Häkkinen. Da war höchster gegenseitiger Respekt zu spüren, zwei Champions auf Augenhöhe.

Selbst die grössten Rennfahrer haben einen Gegner, den sie fürchten, in jeder Epoche. Der grosse Juan Manuel Fangio hatte einen (durchaus wörtlich gemeinten) Mordsrespekt vor Nino Farina, weil der Italiener dem Tod ins Gesicht lachte und im Zweikampf jedes Risiko einzugehen gewillt war. Fangio wusste auch um den enormen Speed von Alberto Ascari. In den 60er Jahren schien Jim Clark unantastbar zu sein. Als der Schotte zu Grabe getragen wurde, nahm Jims Vater Dan Gurney zur Seite und sagte dem US-Amerikaner: «Sie sind der einzige Fahrer, den mein Sohn auf der Rennbahn wirklich gefürchtet hat.» Für Michael Schumacher war dieser einzige Fahrer Mika Häkkinen.

Wenn Schumi über den stillen Finnen sprach, dann war zwischen den Zeilen herauszuhören: Hier begegnen sich zwei Ausnahmekönner auf Augenhöhe. Schumacher genoss es, gegen Häkkinen anzutreten. So wie Sebastian Vettel und Lewis Hamilton ihre Zweikämpfe geniessen. Und doch war Schumi gegen Mika anders, unschuldiger vielleicht. Michael formulierte das so: «Das war reiner Motorsport ohne Animositäten. Keine Nickligkeiten in den Medien, keine bösen Worte, keine Tricks. Wenn es etwas zwischen uns gab, nahm er mich zur Seite, sprach mit mir, dann war das aus der Welt.»

Wir könnten auch sagen: Mätzchen wie gegen den einen oder anderen Gegner, Schumacher war schliesslich keine Zimperliese, das konnte oder wollte er sich gegen Häkkinen nicht erlauben.

Ich kann mich gut an eine Szene in Monza im Jahre 2000 erinnern. Schumi hatte den Grossen Preis von Italien gewonnen, und ein Journalist machte den Deutschen darauf aufmerksam, dass er damit gleich viele Siege auf dem Konto habe wie Ayrton Senna. Michael schluckte, begann dann zu erklären, wie viel ihm das bedeute, aber dann versagte die Stimme des Champions, sein Kopf sank auf die Brust, und der Ferrari-Star begann zu schluchzen. Ich fand es bezeichnend, dass ihm nicht sein Bruder Ralf von links eine tröstende Hand auf die Schulter legte, sondern die kam von Mika Häkkinen.

Wenn Mika sich an die gemeinsamen Duell erinnert, hören wir Sätze wie: «Die schönsten Momente in meiner Karriere waren, wenn ich Schumacher im Rückspiegel sehen konnte.» Denn dann wusste der Weltmeister von 1998 und 1999, dass ihm etwas ganz Besonderes gelungen war. Ende 2001 waren die Batterien des wie Schumacher 50jährigen Mika leer, das jahrelange Duell gegen den Grössten hatte ihn ausgelaugt.

Mika war einer der wenigen Piloten, die sich Schumacher vorknöpften, wenn sie fanden – so nicht.

Noch heute schwärmen die Fans vom atemraubenden Rad-an-Rad-Kampf zwischen Michael Schumacher (Ferrari) und Mika Häkkinen (McLaren-Mercedes) in Spa-Francorchamps 2000. Mika nahm damals einen ersten Anlauf, Schumacher die Führung zu entreissen, Michael machte seinen Ferrari seeeehr breit, später begann Häkkinen eine neue Attacke und griff bei der Fahrt Richtung Les Combes innen an, während die beiden Superstars gleichzeitig am BAR-Fahrer Ricardo Zonta vorbeischossen – der Brasilianer wundert sich noch heute, wie das gutgehen konnte. Häkkinen ging in Führung und gewann, eine Sekunde vor seinem Widersacher.


Noch im Parc fermé ging der Finne auf seinen Rivalen zu und redete ihm gestenreich ins Gewissen. Als wir damals Mika nachher fragten, was er zu Schumi gesagt habe, meinte Häkkinen: «Tut mir leid, das bleibt unter uns.» Bis im Sommer 2017. Denn im Rahmen einer Videoreihe für den Wettanbieter Unibet verriet Mika Häkkinen endlich, was er damals zu Michael Schumacher gesagt hat.

Der 20fache GP-Sieger blickt zurück: «Es war mir sofort klar, dass ich nach dem Rennen mit Michael sprechen musste. Ich sagte zu ihm: „Du kannst nicht einen Gegner bei 300 Sachen aufs Gras drücken. Hier geht es um Leben und Tod, benutz doch ein wenig gesunden Menschenverstand!“ Er legte seinen Kopf zur Seite und schaute mich an, dann sagte er: „Was habe ich falsch gemacht?“ Er hat sich nicht entschuldigt, er sagte nicht: „Tut mir leid, da war ich wohl ein wenig zu aggressiv.“ So fuhr er halt.»

Häkkinen sagt im Video weiter, er fand das Pistenverhalten von Schumacher «inakzeptabel. Wenn ein grenzwertiges Manöver in einer langsamen Kurve passiert, dann kann ich das noch halbwegs tolerieren, ich hatte ja auch meine Trickkiste. Aber 300 km/h ist so verdammt schnell. Wenn du dann in Belgien auf dem Gras bist, bei einer Bodenfreiheit von 15 Millimetern auf der Vorderachse, dann reicht der kleinste Erdhügel, um das Auto auszuhebeln, und Gott weiss, wo du dann hinsegelst. Daher wollte ich Michael klarmachen: „Jetzt mal ehrlich – denk nach!“»

«Michael hat nicht gefallen, wie ich an Zonta und ihm vorbeigegangen bin. Er konnte aber wertschätzen, dass wir ein tolles Duell hatten und nichts passiert ist. Mit jedem anderen Fahrer wäre früher oder später ein Frontflügel davongeflattert.»

«Was die Zweikämpfe angeht, so konnte er sich extrem verteidigen, besonders wenn es Richtung Zielflagge ging. Zur Mitte eines Grand Prix liess er immer ein wenig Luft zum Gegner zwischen den Reifen. Zum Ende eines WM-Laufs scheute er sich aber nicht vor Wagenkontakt.»

«Michael konnte unfassbar autofahren. Er gab immer alles, als Fahrer und auch bei der Zusammenarbeit mit dem Team. Es gibt so viele Aspekte seiner Arbeit, die ich grenzenlos bewundere. Er liess nie locker. Aufgeben gehörte nicht zu seinem Wortschatz. Er war immer am Limit, mit rotglühenden Bremsscheiben, unglaublich.»

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