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Lewis Hamilton: «Ferrari macht mir keine Sorgen»

Von Mathias Brunner
​Mercedes-Star Lewis Hamilton vor der Saison 2019 – der fünffache Weltmeister spricht über seinen Rivalen Sebastian Vettel, über seine Vorbereitung, den Stallgefährten Bottas und die eigenen Erwartungen.

Da sitzt er nun, der Champion, mit sichtlich mehr Muskeln, die sein Mercedes-Hemd spannen, und mit der unterschütterlichen Ruhe eines Buddhas. Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton lässt sich auch von den bisherigen Bestzeiten von Ferrari nicht in seiner Gelassenheit stören. Mit der Erfahrung von 34 Lebensjahren, zwölf Grand-Prix-Saisons und 73 Siegen aus 229 WM-Läufen spricht er über die neue Formel 1.

Lewis, Sebastian Vettel hat gesagt, er hätte seinen besten ersten Testtag erlebt. Wie sieht das bei dir aus?

Das ist schön für ihn, und Ferrari macht tatsächlich einen starken Eindruck. Wir graben derzeit tief, um unser Auto zu verstehen, von daher ist die Arbeit die gleiche wie in den Jahren zuvor. Wir haben in den letzten Jahren ein paar Mal erlebt, dass Ferrari bei den Testfahrten sehr konkurrenzfähig gewesen ist. Das war zu erwarten. Wir arbeiten in Ruhe unser Programm durch.

Die ersten zwei Tage drängten den Verdacht auf: Ferrari scheint eine halbe Sekunde schneller zu sein als der Rest der Welt. Ist das ein Grund zur Besorgnis?

Ferrari macht mir keine Sorgen, in dieser Phase der Saison macht mir überhaupt nichts Sorgen. Keiner weiss, was die Anderen genau machen, angefangen bei der Spritlast. Ich konzentriere mich voll und ganz auf die Arbeit bei uns. Ich bin schon eine Weile in diesem Geschäft und weiss, wie schnell sich die Dinge ändern. Also interessierten uns die Gegner derzeit nicht. Schon in der kommenden Woche wird das Bild ein wenig klarer, aber in der Regel zeigt sich das wahre Kräfteverhältnis erst dann, wenn wir Rennen fahren. Ich will das nicht an Zahlen ketten, aber ich gehe von einem starken Ferrari aus, auch 2019. Und sie kommen üppig zum Fahren. Sie wirken noch stärker als im vergangenen Jahr, also ist unsere Aufgabe grösser.

Erwartest du erneut einen WM-Zweikampf mit Ferrari, oder kann sich Red Bull Racing da ebenfalls einmischen?

Schwer zu sagen. Generell erwarte ich von allen viel Gegenwehr. Gleichzeitig begrüsse ich es, wenn sich so viele Rennställe wie möglich um die besten Plätze balgen, das macht es für mich als Fahrer interessanter.

Wie stufst du den jungen Leclerc an der Seite von Vettel bei Ferrari ein? Kann er dem Deutschen gefährlich werden?

Das wird die Zeit zeigen. Er ist in der gleichen Situation wie ich es zu Beginn meiner GP-Karriere bei McLaren war. Aber es wäre nicht in Ordnung, ihm zu viel Erwartungsgewicht aufzuladen. Er steht vor seiner zweiten Saison. Er ist jung. Er wird Fehler machen. Keiner wird bestreiten, wenn ich sage, dass er sehr talentiert und schnell ist. Er wird die Leute überraschen. Aber bei seinem Gegner sprechen wir von einem Mann mit immenser Erfahrung und vier WM-Titeln. Es gibt keinen Ersatz für Erfahrung. Das Fabelhafte an jungen Fahrern ist diese Energie, die sie mitbringen. Ich bin selber gespannt zu sehen, wie sich seine Begabung und Entschlossenheit und Energie gegen die gewaltige Erfahrung von Vettel machen.

Wie fühlt sich der neue Mercedes an? Und werden die ganzen Regeländerungen besseren Rennsport ermöglichen?

Ich weiss es nicht. Ich bin nicht sicher, ob die Änderungen wirklich darauf gezielt haben, den Sport zu verbessern. Ich lag schon hinter Rivalen hier in Barcelona, das Auto fühlte sich dabei gut an, aber nicht anders als zuvor. Als Fahrer wünschst du dir immer besseren Sport. Ich finde nicht, dass sich die Autos verändert haben. Ja, wir haben einen verstellbaren Heckflügel, der mehr Top-Speed erlaubt. Gleichzeitig haben wir einen einfacheren Frontflügel, der den Luftwiderstand erhöht. All diese gleicht sich also aus. Das Auto fühlt sich sehr ähnlich jenem Renner an, den ich Ende 2018 bewegt habe.

Worauf achtest du, wenn du ein neues Formel-1-Auto erstmals fährst?

In dieser frühen Phase darfst du nicht alles ernst nehmen. Denn dieses Auto entspricht nicht dem, mit welchem du später Rennen fährst. Der Wagen ist oft aus der Balance, und es dauert eine Weile, bis es sich so anfühlt, wie du das gerne hättest. Das erste Gefühl ist also trügerisch. Ich fahre mit einer Glas-halb-voll-Einstellung und weiss, wie viel Arbeit wir vor uns haben. Das Auto hat sich ähnlich angefühlt wie vor einem Jahr.

Das Auto ist das Eine, der Fahrer das Andere. Wie fühlst du dich?

Ich bin in der besten Form meines Lebens. Es ist ein wenig verrückt, daran zu denken, dass ich schon in die siebte Saison mit diesem Team gehe. Wir stehen vor der grössten Herausforderung, wegen des neuen Reglements und weil die Gegner ständig zulegen. Ich bin aufgeregt und startklar. Wir stehen vor einem prickelnden Jahr. Wir hatten zahlreiche Fahrertransfers, wir haben einige vielversprechende junge Piloten. Ich werde beobachten, wie sie sich machen. Und ich freue mich darauf, die Rennstrecke mit ihnen zu teilen.

Hast du beim Training etwas anders gemacht?

Ich stemme mehr Gewicht als zuvor, ich habe Muskeln zugelegt. In den vergangenen Jahren mussten wir immer extrem auf unser Gewicht achten. Spass macht es nicht, wenn du Mahlzeiten auslassen musst oder wenn weniger auf dem Teller liegt, weil du das Körpergewicht so tief als möglich halten musst. Mit dem Mindestgewicht für Fahrer samt Sitz können wir normal essen und mehr Energie tanken. Ich habe mir auch erlaubt, mal ein paar Pfannkuchen zu verdrücken, ohne gleich ein schlechtes Gewissen zu haben. Aber ich übertreibe es ohnehin nicht mit den Süssigkeiten, wenn die Saison näherrückt, bin ich da sehr diszipliniert. Wir sind alle gesünder. Ich fühle mich stärker denn je. Du schläfst auch besser. All das macht dich zu einem glücklicheren Fahrer.

Was das Training angeht, so habe ich ein paar neue Dinge versucht, wie etwa verschiedene Kampfsportarten. Ich habe mit verschiedenen Trainern gearbeitet, weil jeder wieder seine eigenen Einflüsse einbringen kann. Ich stelle das Training gerne ein wenig um, um es interessant zu halten. Trainieren ist jetzt nicht eben übermässig spannend, neue Elemente einzuweben, bringt Abwechselung in die Bude. Mehr Power zu haben, das sollte sich auf beim Fahren auswirken. Aber zu viel will ich nicht verraten. Das heisst, ich möchte schon, aber ich will nicht, dass meine Rivalen das lesen. Roger Federer sagt ja Rafael Nadal auch nicht, was er alles im stillen Kämmerlein macht. Du willst kräftiger werden, du willst effizienter trainieren, aber ich will nicht zum Hulk werden.

Was erwartest du von deinem Stallgefährten Valtteri Bottas?

Es braucht Zeit, sich in einem Rennstall zu verwurzeln, das ist nie einfach. Bottas trägt wesentlich zum Erfolg unseres Teams bei. Er ist ein Stabilisator. Gleichzeitig erwarte ich nach der Saison 2018 einen aggressiveren Valtteri. Ich hatte noch nie einen Stallgefährten wie Bottas. Wir reden wirklich übers Auto und das nicht zu knapp. Das habe ich noch nie mit einem Teamkollegen erlebt. Sein Einfluss in diesem Rennstall ist beträchtlich. Bottas ist der abgerundeste aller Fahrer, mit welchen ich je zusammengearbeitet habe, und auch der bescheidenste. Sein Wesen ist der Grund, warum wir eine so gute Atmosphäre im Rennstall haben und in den letzten beiden Jahren alle Titel erfolgreich verteidigen konnten.

Wie sehr denkst du an einen möglichen sechsten WM-Titel?

Überhaupt nicht. Das steht nicht im Zentrum meiner Aufmerksamkeit. Ich bin hier, um mit Mercedes die Basis für eine hoffentlich erfolgreiche Saison zu legen. Wir sind uns klar darüber, wie viel Arbeit das bedeutet. Mercedes kann 2019 den sechsten Marken-Titel in Serie holen, aber wir gehen nicht mit diesem Gedanken in die Saison. Unsere Einstellung ist vielmehr, dass alles wieder auf null gestellt ist. Wir sind so hungrig wie vor dem ersten WM-Titel. Das ist die richtige Einstellung.

Du hast im vergangenen Jahr mal gesagt, du könntest den Sport Knall auf Fall verlassen.

Das wäre ohnehin nicht möglich gewesen, weil ich einen Vertrag habe, und wenn ich ein Abkommen unterzeichne, dann halte ich mich auch daran. Aber warum sollte ich etwas hinter mir lassen, das ich so tief liebe? Ich habe 2018 meine beste Saison gezeigt, und ich mag die Vorstellung, dass ich mich noch mehr verbessern muss, um die Oberhand zu behalten. Ich finde das auch immer noch aufregend. Ein neues Auto, das ist wie das Kennenlernen eines neuen Menschen. Du kennst ihn noch nicht so gut, du weisst nicht genau, wo das mit ihm hinführt, das ist spannend. Ich bin mir auch dessen voll bewusst, dass nur 20 Männer auf der Welt mit diesen Autos Rennen fahren dürfen. Das ist ein unfassbares Privileg, das ich zu schätzen weiss.

Der coolste Teil von allem ist das Wissen, dass du die Speerspitze von 2000 Menschen bist. Deshalb ist jeder Besuch im Werk eine Inspiration, weil du stets aufs Neue erkennst, welche gewaltige Arbeit hinter solch einem Auto steckt, wie viel Hingabe von bewundernswerten Menschen. Ich habe den besten Job der Welt und kann mir derzeit nicht vorstellen, etwas Anderes zu machen.

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