Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Die verrücktesten Sponsoren: Abba in der Formel 1

Von Mathias Brunner
​​Was haben Kondome, Diamanten, Särge und Männermagazine gemeinsam? Richtig, sie gehören zu den verrücksten Sponsoren der Formel 1. Darunter auch zu finden: Die Popgruppe Abba!

Grundsätzlich ist es immer zu begrüssen, wenn eine Firma den Motorsport unterstützen will. Doch es gab in der Historie der Königsklasse einige Geldgeber, da gingen dann doch die Augenbrauen in die Höhe. Etwa, als Arturo Merzario 1979 mit Werbung für ein Bestattungsunternehmen an den Start ging; als John Surtees mit Werbung für den Kondomhersteller Durex die ehrwürdige BBC dazu brachte, 1976 auf eine Rennübertragung zu verzichten; oder als Jaguar 2004 einen Steinmetz-Diamanten aufs Auto klebte – und der bei einem Leitschienenkuss von Christian Klien prompt verloren ging.

Aus heiterem Himmel tauchte der ATS-Rennstall des deutschen Felgenherstellers Anfang Mai 1981 mit riesigen Schriftzügen ABBA auf den Rennwagen auf (das gespiegelte, zweite B bekomme ich auf meiner Tastatur nicht hin, ich bitte die Leser um Nachsicht). In den Autos sassen der Niederländer Jan Lammers und der Schwede Slim Borgudd.

Jeder im Fahrerlager fragte sich: Die erfolgreichste Popband der Welt auf einem Formel-1-Renner? Wie kommt das denn?

Slim (eigentlich Karl Edward Tommy) Borgudd verdiente sein Geld als Studiomusiker für die Popband ABBA. Die vier berühmten Schweden sollen ihm 1981 die Tür zur Formel 1 aufgestossen haben. Immerhin prangte an den Seitenkästen des ATS-Rennwagens gross ABBA. Doch der frühere ATS-Teamchef Günter Schmid (2005 verstorben) hat einmal in einem Interview gesagt, Geld sei da nie geflossen, vielmehr sollte ABBA auf dem Rennwagen stehen, um Sponsoren anzuziehen. Das hat nicht so richtig geklappt.

Borgudd gab in den 60er Jahren sein Renndebüt in der Formel Ford, aber erst in den 70er Jahren nahm seine Rennkarriere Schwung auf. Er arbeitete sich über die schwedische Tourenwagenszene (Zweiter 1972), die Formel Ford (skandinavischer Meister 1973) in die Formel 3 hoch und wurde 1979 schwedischer Landesmeister, dies mit seinem eigenen Rennstall.

Das Formel-1-Debüt 1981 bei Felgenkönig Günter Schmid kam dennoch ein wenig überraschend. Mit Rang 6 in England holte Borgudd immerhin einen WM-Punkt. Zum Deutschland-GP kam sogar die komplette Abba-Band auf Besuch.

Für 1982 wechselte der Schwede zu Tyrrell, doch nach den Rängen 16, 7 und 10 in Südafrika, Brasilien und Long Beach war das Geld alle und der Engländer Brian Henton übernahm. So wie Borgudd wurde auch ABBA nicht mehr in der Formel 1 gesichtet.

Der Tyrrell 011 erwies sich als gutes Fahrzeug: Michele Alboreto gewann damit 1982 in Las Vegas und 1983 in Detroit.

Von 1983 bis 1985 fuhr Borgudd nur sporadisch Autorennen, er trat beispielsweise 1984 und 1985 in Macau an. 1985 fuhr er einen Arrows A6 in der gemischen englischen Einsitzerserie mit F3000-Autos und alten GP-Rennern, aber der Arrows war nicht konkurrenzfähig.

Borgudd wechselte Mitte der 80er Jahre in den Lastwagensport und wurde 1986 und 1987 EM-Sieger der Divisionen 2 und 3. 1994 wurde er nordischer Tourenwagenmeister. Im gleichen Jahr verlor er den Truck-EM-Titel erst im letzten Rennen gegen den Briten Steve Parrish. 1995 wurde er Europameister. Ende 1997 hängte er den Helm an den Nagel, obschon er bei den Brummis noch immer Weltklasse war, und dies mit mehr als 50 Jahren.

Der inzwischen 73jährige Borgudd lebt seit vielen Jahren in der Nähe von Coventry, in England ist er mit der Firma «Slim Racing» als Berater im Fachbereich Abstimmung von Aufhängung und Antriebsstrang tätig.

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