Formel 1: So geht es mit Sergio Perez weiter

Brisant: Mercedes, Ferrari und Renault gleich stark?

Von Mathias Brunner
Ferrari, Renault und Mercedes – in Sachen Leistung auf gleichem Niveau?

Ferrari, Renault und Mercedes – in Sachen Leistung auf gleichem Niveau?

​Force-India-Pilot Sergio Pérez verblüffte in Sotschi mit der Aussage: «Bei den Motoren hat Mercedes nur noch gegenüber Honda einen Vorteil.» Schnell kursierte im Fahrerlager: Wieso sagt der Mexikaner so etwas?

Formel 1 ist fast immer Politik. Oft geht es nicht darum, was jemand gesagt hat, wir müssen uns vielmehr die Frage stellen, weshalb eine gewisse Aussage in die Welt gesetzt wurde.

Force-India-Fahrer Sergio Pérez meinte im Rahmen seiner Medienrunde im Fahrerlager des Sotschi-Autodroms: «Vom Motor her hat Mercedes nur noch gegenüber Honda einen massiven Vorteil. Ferrari und Renault liegen auf Augenhöhe.»

Der Mexikaner begründet dies damit, dass die Fahrer mit den 2017er Autos weniger lang Vollgas geben als bis Ende 2016.

Max Verstappen von Red Bull Racing widerspricht: «Klar müssen wir vom Chassis her zulegen, aber auch beim Motor sind wir im Hintertreffen – nach wie vor. Bis Renault in Kanada ein Update bringt.»

Die meisten Insider im Fahrerlager würden dem Niederländer Recht geben. Mercedes ist noch immer das Mass der Dinge, also wieso sagte Pérez so etwas?

Schnell kursierte im Fahrerlager: Die Aussage habe einen politischen Hintergrund.

Rückblende: Der frühere Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone hatte vor einem Jahr verlangt, dass im GP-Sport eine Alternative zu den bestehenden 1,6-Liter-V6-Turbomotoren eingeführt werden solle – ein weniger aufwändiges Triebwerk, zu einem günstigeren Preis, sozusagen der Cosworth-Motor der Neuzeit. Klar hatten Ferrari, Renault, Mercedes und Honda an so einem Plan wenig Freude, und auch FIA-Chef Jean Todt wollte nichts vom Alternativ-Motor wissen.

Es wurde dann folgender Kompromiss getroffen: Das so genannte Token-System – eine eingeschränkte Entwicklung mit Wertmarken – wird für 2017 über Bord gekippt. Unter der Bedinungen, dass sich die Leistung der Motoren angleicht. Als Ziel wurde ausgegeben: Die Triebwerke müssen eine derart ähnliche Power erzeugen, dass der Unterschied vom Motor her auf der Referenzstrecke Barcelona nicht mehr als drei Zehntel betragen darf. Die Regelhüter der FIA versprachen, in Australien, China und Bahrain 2017 entsprechende Messungen vorzunehmen.

Der Franzose Fabrice Lom war jahrelang einer der führenden Motortechniker von Renault. Seit 2012 arbeitet er für den Autoverband FIA, als Leiter der Abteilung für Antriebseinheiten. Er war einer jener klugen Köpfe, die sich das so genannte Token-System einfallen liessen.

Leider war das Wertmarkensystem von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Zur Erinnerung: Im Formel-1-Reglement wurde damals verankert, dass bei der Einführung der neuen Turbomotoren ab 2014 mit so genannten Wertmarken («token») der Motor nur noch in exakt definierten Schritten modifiziert werden dürfen. Warum das Ganze? Die Kosten sollten Schritt um Schritt herunterkommen.

Doch dabei wurden zwei wichtige Punkte ausser Acht gelassen.

Erstens – Mercedes-Benz baute eine absolut geniale Antriebseinheit, welche der Marke mit dem Stern einen stattlichen Vorsprung sicherte. Nur eine teilweise Entwicklung zuzulassen, das bedeutete, dass ein überlegener Hersteller potenziell seinen Vorsprung auf Jahre hinaus konservieren konnte. Das war nicht Sinn der Sache.

Aufgrund einer verbalen Ungenauigkeit im Reglement wurde es zudem möglich, innerhalb der Saison 2015 zu entwickeln. Ferrari hatte diese Lücke erspäht, damit war ein Teil des Token-Systems ausgehebelt.

Die vier Motorhersteller Renault, Mercedes, Ferrari und Honda argumentierten dann bei der FIA: «Wenn wir wie früher frei entwickeln könnten, dann landen wir eher bei vergleichbaren Werten.» Die Token waren out.

Die FIA hat in Sachen Leistung definiert: Messlatte wird der Circuit de Barcelona-Catalunya sein – wenn der Power-Anteil der Rennwagen dort nicht innerhalb von drei Zehntelsekunden liegt, kann die FIA regulierend ergreifen. Gemessen wird anhand der Daten aus der Bordelektronik und gestützt auf die Drehmomentwerte.

Lom erklärte: «Wir schauen uns nicht einfach die Rundenzeiten an. Wir haben Simulationswerkzeuge, dank welchen wir die Leistungsfähigkeit der Motoren jedes Autos errechnen können. Wir tragen das in einen Leistungsindex ein. Wir messen bei den ersten drei Rennen jede Runde jedes Autos, dann errechnen wir einen Mittelwert. Diesen Mittelwert rechnen wir anhand eines Schlüssels auf die Barcelona-Bahn um. Dort sollte der Unterschied zwischen den verschiedenen Motoren dann nicht mehr als drei Zehntelsekunden ausmachen.»

In Sotschi bestätigt nun die FIA: Das Ziel sei erreicht, abgesehen von Honda seien die Hersteller innerhalb der besagten drei Zehntel.

Kritik an der Messmethode lässt Formel-1-Rennleiter Charlie Whiting nicht gelten: «Die Hersteller kannten unsere Vorgehensweise, schliesslich haben sie ihr zugestimmt. Die Messungen sind überaus komplex, basierend auf alle den Daten, die uns zur Verfügung stehen. Die vier Hersteller selber haben in stundenlangen Sitzungen diese Methodik erarbeitet, es gibt daran nichts zu rütteln. Vielleicht sind einige Rennställe vom Ergebnis etwas überrascht worden, weil das System von den Motorherstellern erarbeitet wurde, nicht von den Teams.»

Und was ist mit dem Ausreisser Honda? Charlie Whiting: «Das System ist nicht dazu da, um jemandem zu helfen. Es ging darum sicherzustellen, dass die meisten Motoren ungefähr gleich viel leisten, und das ist passiert.»

Was wäre passiert, hätten Lom und seine Kollegen mehr als diese drei Zehntel gemessen? Dann hätte innerhalb der Strategiegruppe über Gegenmassnahmen diskutiert werden müssen.

Die FIA bestätigt, dass über die kommenden Rennen die Leistung weiter beobachtet werde.

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