James Key (Toro Rosso) exklusiv: Honda-Hintergründe
James Key, Technikchef von Toro Rosso
James Key hat eine erstaunliche Karriere hinter sich. Mit 33 Jahren wurde er einer der jüngsten Technischen Direktoren der Formel-1-Historie. Motorsport hat Key von jeher begeistert. Als kleines Kind nahm ihn sein Vater mit zu Rallyes. Im Alter von zehn Jahren begann James, sich für die Formel 1 zu interessieren. Etwa zu dieser Zeit beschloss er, dort eines Tages arbeiten zu wollen. Heute ist er mit 46 Jahren Technikchef bei der Scuderia Toro Rosso, und nie war der Engländer unternehmungslustiger – die Kooperation zwischen Toro Rosso und Honda macht dem Engländer spürbar Spass.
Toro Rosso ist dank Honda auf dem aufsteigenden Ast, und James Key bestätigt: «Wir sind sehr zufrieden. Seit wir 2014 in die neue Turbo-Ära gegangen sind, hatten wir es mit unserem früheren Motorpartner nicht leicht. Honda hat uns Stabilität geschenkt, und die Art unserer technischen Partnerschaft erlaubt es uns, viele Probleme aus der Welt zu schaffen, die wir zuvor als reiner Kunde hatten. Wir arbeiten mit Honda auf eine extrem transparente, pro-aktive Art und Weise. Das Verhältnis ist sehr gut.»
«Der Motor läuft prima. Wir hatten bislang in allen freien Trainings, Qualifyings und Rennen zusammengerechnet lediglich drei Probleme, nur ein Problem kostete uns in einem Grand Prix eine bessere Platzierung. Evo-Stufe 2, die Honda in Kanada gebracht hat, ist ein klarer Schritt nach vorne. Der Motor hält, was die Japaner uns versprochen hatten. Honda ist für uns wirklich frischer Wind.»
Dennoch gilt im Fahrerlager: Honda mag vielleicht zu Renault aufgeschlossen haben, liegt aber immer noch hinter Mercedes und Ferrari zurück. James Key findet: «Für mich geht es bei dieser Diskussion weit über den reinen Motor hinaus. Es ist mindestens so wichtig, wie wir mit einem Partner arbeiten. Diese Frage entscheidet, wie erfolgreich du bist. Der Motor ist sehr gut ins Auto eingebettet und funktioniert wie geplant. Ich bin von der Zuverlässigkeit angetan.»
«Die Arbeit mit den Ingenieuren läuft hervorragend. Wenn Probleme auftauchen, werden sie rasch und effizient angepackt. An der Rennstrecke verläuft die Zusammenarbeit reibungslos. Alles ist durchdacht, alle Teile kommen immer pünktlich. Wir haben bei einigen Rennen ein besseres Ergebnis verloren, weil das Energie-Management nicht ideal war, aber das haben wir aus der Welt geschafft. Der ganze operative Teil der Arbeit, ganz wichtig an einem GP-Wochenende, ist überaus zufriedenstellend.»
«Wir müssen bei roher Leistung zulegen. Mercedes hat seit 2014 die Latte für alle Gegner sehr hoch gelegt. Honda kam ein Jahr später in die Formel 1 zurück und ist immer noch am Aufholen. Sie machen gute Fortschritte. Der Motor muss noch raffinierter werden, wir brauchen mehr Leistung. Gut ist: Wenn ein Motor so standfest läuft, dann kannst du dich auf die Leistungssuche konzentrieren. Ich bin mit der Schlagzahl der Honda-Entwicklung sehr happy.»
«Vor Honda hatten wir zwei Motorpartner (Ferrari und Renault, M.B.). Was mich so begeistert: Wenn ein Problem auftaucht, dann reagiert Honda innerhalb von einem oder zwei Rennen. Diese Flexibilität ist von grossem Nutzen. Wenn du ein Kunde eines Herstellers bist, der ein eigenes Werks-Team einsetzt, dann ist es klar, dass für sie die Werksmannschaft an erster Stelle kommt. Wir sind nun exklusiver Partner von Honda, das erzeugt ein viel stärkeres Wir-Gefühl.»
Die Saison von Toro Rosso ist ein stetes Auf und Ab: Sehr gut in Bahrain (Gasly Vierter), weniger gut in Spanien, konkurrenzfähig in Monaco. Woher kommen diese Bewegungen? James Key findet: «Ja, wir erleben das auch als Achterbahnfahrt, und es frustriert uns. Denn Bahrain und Monaco haben gezeigt, was wir wirklich können – wenn alles stimmt, mischen wir hinter den Top-Teams um Rang 7 mit. Wenn du das weisst, dann willst du das natürlich bei jedem Rennen erreichen.»
«Die Pistencharakteristik spielt gewiss eine Rolle, die Sensibilität im Umgang mit den Reifen eine andere. Wir haben ein Auto, das mit den Reifen sehr behutsam umgeht. Wenn wir also Bedingungen vorfinden, welche für die Reifen hart sind, dann glänzen wir, auch bei heissem Wetter. Umgekehrt sind wir weniger stark, wenn wir eher niedrige Temperaturen haben. In Spanien hätten wir besser aussehen müssen, leider wurde Gasly schon in der ersten Runde aus dem Rennen gerissen. Kanada war besser als es auf den ersten Blick aussieht. Gasly fuhr nach seinem Motorproblem vom letzten Platz auf Rang 11. Wenn er weiter vorne hätte starten können, wäre er in die Punkte gefahren.»
Wie geht es mit Honda weiter? James Key: «Ich sehe 2018 als Aufbaujahr. Das ist noch immer eine junge Beziehung. Zunächst lag die Konzentration auf der Standfestigkeit, jetzt kommt Leistung. Wir wollen in der zweiten Saisonhälfte regelmässiger unter den besten Zehn auftauchen. Wir werden in Österreich ein neues Aero-Paket haben. Wenn wir diesen Trend fortsetzen, dürfen wir uns auf die kommenden Rennen freuen. Honda wird weiter zulegen. Aber wir haben nur drei Triebwerke pro Jahr, also müssen wir uns in Ruhe überlegen, wann der dritte Motor kommen soll.»