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Williams FW42 da, Claire Williams: «Furchtbare Tage»

Von Mathias Brunner
​Der neue Williams FW42-Mercedes ist endlich auf der Rennbahn. Teamchefin Claire Williams: «Furchtbare Tage wäre eine Untertreibung dessen, was wir erleben. Zum Glück ist das Auto hier.»

Wie tief ist dieses Williams gefallen. Als GP-Neuling George Russell zur ersten Runde im neuen Williams FW42-Mercedes auf die Bahn ging, brandete spärlicher Applaus durch den Mediensaal, schwer zu sagen, ob es Zeichen des Respekts war oder des Mitleids. Teamchefin Claire Williams: «Das Auto ist da, das ist für uns eine gewaltige Erleichterung. Furchtbare Tage wäre eine Untertreibung dessen, was wir erleben. Der FW42 hatte eine sehr schwierige Geburt aber endlich ist der Wagen auf die Bahn, und wir können mit der Arbeit beginnen.»

Mercedes-Zögling George Russell fuhr eine Installationsrunde, dann verschwand das neue Auto wieder in der Box. Vielleicht passte es, dass zur Premiere ausgerechnet Formel-2-Fahrer Russell am Lenkrad sass, denn gemessen an der ausgeklügelten Aerodynamik der gegnerischen Fahrzeuge sieht der neue Williams wie ein F2-Auto aus. Mit einer so hemdsärmeligen Aerodynamik ausgerüstet haben die Briten so viele Chancen wie eine Kreisliga-Elf gegen Bayern München. Das ist bitteschön keine Häme, das ist Fakt, für jeden zu sehen.

Der interessanteste Aspekt am neuen Williams ist die Vorderradaufhängung mit sehr weit oben angebrachten, oberen Querlenkern. Die seitlichen Luftleitwerke und der Heckflügel hingegen sind hausbacken und wirken einfallslos. Williams-Fan hoffen inständig, dass hier noch jede Menge neuer Teile ans Auto kommen.»

Der frühere Williams-Fahrer Lance Stroll sagt: «Ich kenne die ganzen Hintergründe nicht, also kann ich nichts zur Verzögerung sagen. Aber es war jammerschade, das Team all die Zeit nicht auf der Bahn zu sehen. Ich will ehrlich sein: Ich wäre ein Lügner, würde ich behaupten, ich wäre gerne noch bei Williams und müsste Däumchen drehen. Aber ich wünsche meinem früheren Team nur das Beste.»

Das entspricht der Grundstimmung im Fahrerlager des Circuit de Barcelona-Catalunya. Williams geniesst als Traditions-Team grossen Respekt. Niemand hier will, dass wir Williams am Boden sehen. Es kommt mir vor, als würde ein alternder Boxer im Ring stehen, ein früherer Weltmeister, jetzt aber mit grauem Haar und müdem Blick. Kein echter Sportfan möchte, dass dieser Mann vermöbelt wird.

Über Williams ist in den letzten Tagen viel gemunkelt worden, bis hin zum verblüffenden Gerücht, der Rennstall habe kurz vor einer ausgewachsenen Meuterei der Mitarbeiter gestanden. In Spanien nimmt Claire Williams dazu Stellung. Die 42jährige Engländerin sagt: «Ich habe nicht besonders auf all diese Spekulationen geachtet, die über uns verbreitet werden. In einer solchen Situation ist es naheliegend, dass gemutmasst wird. Bei uns selber gibt es keine Schuldzuweisungen. Wir wollen keine Energie mit so etwas vergeuden. Jetzt ist vielmehr die Zeit, um noch näher zu rücken. Natürlich sind wir dabei, besser zu verstehen, wieso wir mit Verspätung beginnen mussten. Wir werden das ergründen und aus diesem Fehler lernen.»

Jeder Formel-1-Fan würde an dieser Stelle einwerfen: Und woran lag’s denn nun? Versemmelter Crash-Test? Fehlerhaft konstruierte Bremsen? Säumige Lieferanten?

Claire Williams verperrt den Blick hinter die Kulissen wie die Formel-1-Teams, welche diese jämmerlichen spanischen Wände vor die offenen Boxen rollen: «Es handelt sich wahrscheinlich um eine Kombination von Dingen. Wir wollen da nicht ins Detail gehen. Wichtig ist, dass wir hier sind. Wir kennen die Hauptschuldigen, hm, nicht die Hauptschuldigen, das ist das falsche Wort, eher die Hauptgründe, warum es zu dieser Verzögerung gekommen ist. Aber wir wollen das nicht breittreten. Wir waschen schmutzige Wäsche nicht in der Öffentlichkeit. Das wäre unangemessen.»

Das drängt den Schluss auf: Die schmutzige Wäsche wird intern gewaschen. Jedenfalls klingen die Worte von Claire Williams nicht nach einem Vertrauensbeweis für Technikchef Paddy Lowe. Dessen eigene Medienrunde, für Mittwochnachmittag geplant, ist kurzerhand gestrichen worden, um den Briten aus der Schusslinie zu nehmen.

Claire Williams weiter: «Letztlich ist es so: Alle haben es zum ersten Testtag nach Barcelona geschafft, nur wir nicht. Das war ein echtes Aha-Erlebnis. Es gibt keine Ausreden. Aber es führt einem wieder mal vor Augen, welch gewaltige Arbeit dahintersteckt, einen neuen Rennwagen rechtzeitig zum Test zu bringen. Wir hoffen, das hat keine grossen Auswirkungen auf unsere Arbeit. Unser Programm ist dichter geworden, wir müssen mehr in weniger Zeit packen. Ich hoffe, in Australien werden wir das alles vergessen haben.»

Barcelona, Tag 3, 15.45 Uhr

1. Kimi Räikkönen (FIN), Alfa Romeo-Sauber C38-Ferrari, 1:17,762 (118 Runden)
2. Sebastian Vettel (D), Ferrari SF90, 1:18,350 min (119)
3. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing RB15-Honda, 1:18,787 (57)
4. Nico Hülkenberg (D), Renault R.S.19, 1:18,800 (63)
5. Daniil Kvyat (RU), Toro Rosso STR14-Honda, 1:18,897 (93)
6. Pietro Fittipaldi (BR), Haas VF-19-Ferrari, 1:19,249 (48)
7. Carlos Sainz (E), McLaren MCL34-Renault, 1:19,354 (55)
8. Romain Grosjean (F), Haas VF-19-Ferrari, 1:19,358 (8)
9. Sergio Pérez (MEX), Racing Point RP19-Mercedes, 1:20,102 (62)
10. Daniel Ricciardo (AUS), Renault R.S.19, 1:20,613 (34)
11. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes-Benz W10 EQ Power+, 1:20,693 (88)
12. Lewis Hamilton (GB), Mercedes-Benz W10 EQ Power+, 1:20,818 (47)
13. George Russell (GB), Williams FW42-Mercedes, keine Zeit (1)

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