Arnoux (Ferrari): Verstappen stark, Hamilton zu alt?
René Arnoux
1983 bis Anfang 1985 stand der Franzose René Arnoux in Diensten der berühmtesten Scuderia der Welt – bei Ferrari. Dem heute 77-Jährigen, WM-Dritter 1983, geht es wie anderen früheren Ferrari-Piloten: Sie ziehen weiter, aber sie behalten Ferrari in ihren Herzen.
Der 149-fache GP-Teilnehmer, siebenfacher Sieger, teilt die Gefühle vieler Tifosi in dieser enttäuschenden Saison – die stolze Scuderia ist nun mehr als ein Jahr lang ohne Grand-Prix-Sieg.
René Arnoux sagt im Gespräch mit unseren Kollegen der Gazzetta dello Sport zu Ferrari und zu Lewis Hamilton, der nach 22 F1-Wochenenden noch immer ohne GP-Podestplatz ist: «Ich sehe die Lage von Hamilton als schwierig an. Er ist 40, und genau deshalb kann er nicht mehr die ganze Saison über so auftrumpfen wie vor Jahren.»
«Ungeachtet Hamiltons Situation war das Auto nicht konkurrenzfähig, was sich auch bei Charles Leclerc zeigt. Wir können nur darauf hoffen, dass sie im nächsten Jahr mit den neuen Regeln ein Auto auf die Strecke bringen, das den Fans nach so vielen Jahren endlich wieder Freude bereitet.»
In Katar kann sich die Formel-1-WM 2025 entscheiden – Lando Norris steht vor seinem ersten Titel. Oder gelingt es Max Verstappen, den Rückstand auf dem Engländer weiter zu verringern?
Arnoux meint: «Wenn ein Fahrer eine solch sensationelle Wende schaffen kann, dann ist es Max Verstappen. In der Formel 1 entscheiden oft nur Zehntelsekunden über den Sieg, und genau da macht er den Unterschied. Er ist auf höchstem Niveau unglaublich konstant und kann sich über das ganze Wochenende steigern, selbst wenn es am Freitag schlecht läuft. Ganz zu schweigen von Rennen im Regen: Da ist er der Einzige, der selbst von weit hinten noch gewinnen kann.»
«Natürlich startet Max in Katar mit einem Nachteil, und vor dem Hintergrund der Punktelage ist es am wahrscheinlichsten, dass Norris sich den Titel am Ende sichern kann. Max hat aber auch einen Faktor, den man nicht unterschätzen sollte: Er hat unglaubliches Glück. Und in seiner Situation ist ein bisschen Glück entscheidend.»
«Norris hat den grösseren Druck. Max wird alles daransetzen zu gewinnen, da er nichts zu verlieren hat. Genau das tut er immer: Er konzentriert sich auf jedes Rennen einzeln und denkt nicht an die Titelverteidigung. Norris hingegen muss darauf achten, nichts zu verschenken. Es wird für ihn wichtiger sein, Fehler zu vermeiden. In diesem Zusammenhang ist klar, dass jemand wie Verstappen ohne Druck antreten kann, insbesondere weil er ein Team um sich hat, das ihm voll und ganz vertraut.»
«Red Bull Racing hat zugelegt. Es lief eine Weile gar nicht gut, aber nachdem Christian Horner gegangen war und einige interne Probleme gelöst wurden, fand das Team wieder zu seiner alten Form zurück. Man merkt, dass Verstappen selbstbewusster und ruhiger geworden ist. Hinzu kommt der Erfahrungsfaktor: Verstappen hat, anders als Norris und Piastri, bereits Titel mit seinem Team gewonnen, was im Endspurt den Unterschied ausmachen kann.»
Die Gazzetta will von Arnoux wissen: War es ein Fehler von McLaren, keinen Leader zu bestimmen und den beiden Fahrern freie Hand zu lassen? René findet: «Nein, hätten sie es anders gemacht, hätten sie die Leistung eines Fahrers von Anfang an beeinträchtigt, und in der Formel 1 kann man seinen Teamkollegen nicht um Hilfe bitten, besonders nicht zu Saisonbeginn; das ist unnatürlich für unseren Sport.»
«Piastri scheint das Selbstvertrauen verloren zu haben. Es ist schwer zu sagen warum, ob es etwas Persönliches ist oder mit dem Team zu tun hat. Im Laufe des Jahres hat er gezeigt, dass er sehr stark, aber auch sehr schwach sein kann, und diese Schwäche trat zum falschen Zeitpunkt zutage. Norris erwies sich als solider und reagierte in komplexen Situationen.»










