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Derek Warwick: Mitreissendes Buch vom Vollblut-Racer

Von Mathias Brunner
​Grossbritannien hat zahlreiche fabelhafte Rennfahrer hervorgebracht, viele von ihnen wurden in der Formel 1 unter Wert geschlagen. Dazu gehört Derek Warwick – ein knallharter Racer, vom Leben gestählt.

Derek Warwick gehört zu jener Art von Männern, die ich «no bullshit guys» nenne; Männer, die ihre Meinung sagen, auf politische Korrektheit pfeifen, aber dabei anständig bleiben. Warwick war einer jener Formel-1-Rennfahrer, die für mich immer ansprechbar waren, geradeheraus, grundehrlich, auch wenn die Wahrheit schmerzte, für sich selber oder für andere. Und genau dieser Derek Warwick hat zusammen mit dem renommierten Buch-Autoren David Tremanye nun seine Geschichte erzählt – Never Look Back.

Warwick hat den Kontakt zur modernen Formel 1 nie verloren, er arbeitete auch 2024 regelmässig als FIA-Rennkommissar. Und jeder der heutigen Grand-Prix-Fahrer weiss: Dem muss ich nicht blöd kommen. Warwick geniesst zu Recht enormen Respekt.

Klar ist die Formel 1 von Warwick (Las Vegas 1981 bis Australien 1993) nicht mehr die gleiche Formel 1 heute. Der 146-fache GP-Teilnehmer, inzwischen 70 Jahre jung, sagte einmal: «Ich finde, Grand-Prix-Piloten sollten als Gladiatoren wahrgenommen werden. Aber mit der Zeit haben sich viele eher zu polierten PR-Maschinen entwickelt, die zwar grossartige Piloten sind, aber mit dem Rennfahren von früher hat das nicht mehr viel zu tun.»

«Ich hasse es, wenn ich mich selbst sagen höre ‚Also, ich zu meiner Zeit …’, aber es ist wahr, dass die Autos, die wir damals fuhren, wie wilde Tiere waren. Die hatten 1600 PS, wir sind physisch und mental total erledigt aus den Autos gestiegen. Die heutigen Jungs sehen hingegen oft aus, als ob sie gerade zwei Mal um den Block gerollt wären.»

«Ein junger Fahrer hüpft in ein Grand-Prix-Auto und ist sofort bei der Musik. Die testen zum ersten Mal und sind nach zehn Runden innerhalb weniger Zehntel hinter der Spitze. Das gab es zu meiner Zeit nicht.»

Es wäre nun falsch anzunehmen, dass der Engländer ein Ewig-Gestriger ist, der alles Moderne schlecht findet und nur von der guten, alten Zeit faselt. Stimmt überhaupt nicht. Vielmehr passt seine Ansicht zu den modernen Rennwagen perfekt zum Briten, der nur sagt, was viele denken.

«Never Look Back» ist aus mehreren Gründen ein Buch, das in keiner Sammlung fehlen sollte: Es ist fundiert und spannend geschrieben. Es ist üppig bebildert. Viele Weggefährten von Warwick kommen zu Wort, und auch die reden nicht um den heissen Brei herum.

Warwick selber scheut sich nicht davon, selbst über schwierige Momente offen und ehrlich zu sprechen, und keine Tage waren dunkler als die Zeit nach dem 21. Juli 1991 und dem Verlust seines kleinen Bruders. Paul Warwick fuhr in der britischen Formel 3000 (heute Formel 2) und war auf gutem Weg Richtung Königsklasse. Das Schicksal wollte es anders.

Die Karriere von Derek Warwick ist auch deshalb so ungewöhnlich, weil er nicht der Generation Karting entspringt. Seine Sporen verdiente sich Derek im Oval-Sport. Seinen ersten Titel eroberte er in einem Alter, da sind viele andere Rennfahrer schon in der Formel 1 angekommen, mit 19.

Warwick kletterte, allen Widrigkeiten zum Trotz, unaufhaltsam die Karriereleiter hoch: Formel Ford (33 Rennsiege), Formel 3 (britischer Champion), Formel 2 (Gesamtzweiter).

Die Formel 1 wurde für Warwick zum Waagrechtstart. Er machte den Schritt in die Königsklasse mit Toleman (aus dem später Benetton, dann Renault, heute Alpine hervorgegangen ist).

Längst hatten alle das Talent von Warwick erkannt, Renault holte ihn 1984 in den Werksrennstall, nur Pech verhinderte einen GP-Sieg. Dann traten die Franzosen von der GP-Bühne ab.

Ohne F1-Cockpit wechselte er zu Jaguar in den Langstreckensport, kehrte aber auf die GP-Pisten zurück, nachdem Brabham-Fahrer Elio de Angelis ums Leben gekommen war und der Traditionsrennstall einen verlässlichen Piloten brauchte.

Es folgten drei Jahre mit Arrows, ein schwieriges Jahr mit Lotus (einschliesslich eines spektakulären Unfalls in Monza), wieder eine F1-Pause, erneut Langstreckenrennen mit Jaguar und dann der WM-Titel mit Peugeot, samt Sieges in Le Mans.

1993 eine letzte GP-Saison mit Footwork (ex-Arrows), dann war Schluss mit Formel 1, Derek Warwick liess eine facettenreiche Karriere mit Tourenwagensport ausklingen.

All dies wird packend erzählt und kontrovers, «Never Look Back» gehört zu jenen Büchern, die ungern zur Seite gelegt werden. Ein weiterer toller Wurf von Evro Publishing.


Das Wichtigste in Kürze

Derek Warwick: Never Look Back
The racing life of Britain’s double World Champion
Verfasst mit David Tremayne
Mit Vorworten von Alex Hawkridge und Ross Brawn
Aus dem Verlag Evro, England
ISBN: 978-1-910505-90-8
Text in englischer Sprache
Format 27 x 21 cm
432 Seiten
300 Fotos
Für rund 70 Euro im Fachhandel oder direkt bei Evro Publishing

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