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Aleix Espargaró: Lang unterschätzt, späte Anerkennung

Kolumne von Michael Scott
Aleix Espargaró hat in seiner Karriere viel erlebt

Aleix Espargaró hat in seiner Karriere viel erlebt

Aprilia-Ass Aleix Espargaró wird seine MotoGP-Karriere Ende 2024 beenden. Zeit für einen Rückblick auf eine ungewöhnliche Karriere, die von Höhen und Tiefen aber auch von Durchhaltevermögen geprägt war.

Abgesehen von vielen Tränen und Umarmungen, gab es bei Aleix Espargarós emotionaler Verlautbarung beim Barcelona-GP, nach dieser Saison in den Ruhestand zu gehen, eine aufschlussreiche Erkenntnis: Auf der Rennstrecke zeigen die geringen Abstände zwischen den Bikes, wie eng es in der MotoGP zugeht. Der lange Weg von Aleix zum Ruhm ist wiederum ein Synonym dafür, wie nah bei diesem Sport Erfolg und Verzweiflung beieinanderliegen. Auf diesem schmalen Grat balancierte der ältere der beiden Espargaró-Brüder zwei Jahrzehnte lang.

Es dauerte mehr als 300 Rennen, 19 Jahre und über zehn verschiedene Teams in der Motorrad-Weltmeisterschaft, bis sich Aleix Espargaró den vollen Respekt von Fans und Rivalen erarbeitet hatte... und 284 Grand-Prix-Starts bis zu seinem ersten Sieg 2022. Er gewann in Argentinien von der Pole-Position und war in diesem Jahr ein ernsthafter Titelanwärter.

2023 festigte ein Doppelsieg im Sprint und im Grand Prix in Catalunya seinen Status. Nachdem er Aprilia auf die oberste Stufe des Podiums geführt hatte, trat Aleix aus dem Schatten heraus und wurde endlich ernst genommen.

Warum hat es so lange gedauert? Er hatte einfach zu viele Fehlstarts. Einem unauffälligen Jahr in der 125er-Klasse 2005 folgten vier weitere bescheidene Saisons in der Motorrad-Weltmeisterschaft bei den 250ern – ein vierter Platz bei 42 Rennen ist die magere Ausbeute. Genauso unspektakulär wie seine Ergebnisse waren die Teams, für die er fuhr. 2009 kam es noch schlimmer: Sein Campetella-Team zog sich vor Saisonbeginn zurück – es zeichnete sich ein Muster ab in der Karriere des Spaniers.

Also war Aleix 2009 arbeitslos und stand für zwei Rennen als Ersatzfahrer für Pramac Racing in der MotoGP zur Verfügung. In beiden Rennen holte er Punkte und fuhr in Misano die fünftschnellste Runde. Das brachte ihm bei Pramac einen Stammplatz für 2010 ein – auch in dieser Saison blieb er unauffällig, seine MotoGP-Karriere schien zu Ende zu sein.

Der damals 22-jährige Aleix bekam 2011 einen Platz im Moto2-Team von Sito Pons. Mit einem einzigen Podestplatz beendete er die Saison auf Rang 12 in der Gesamtwertung, einen Punkt vor seinem jüngeren Bruder Pol.

2012 folgte fast schon die Erlösung... mit Aprilia in der MotoGP. Es war jedoch alles andere als ein begehrter Platz, denn um die Anzahl der Startplätze zu erhöhen, hatte Promoter Dorna die MotoGP für seriennahe CRT-Maschinen (Claiming Rule Teams) geöffnet. Aprilia nutzte dies, um mit ihrem erfolgreichen Superbike unter dem Namen Aprilia Racing Team (ART) in die Königsklasse einzusteigen. Aleix und ART dominierten zwei Jahre lang das unterklassige CRT-Feld und belegten die Plätze 11 und 12 in der Gesamtwertung, auch wenn das nicht viel hieß.

Das sicherte Aleix eine Zukunft, jedoch wieder nicht in einem Werksteam. 2014 startete er in der MotoGP mit Forward Yamaha – mit geleaster Werksausrüstung in einer weiteren kurzlebigen «offenen» Kategorie, die das Startfeld auffüllte. Am Ende der Saison schaute ein sehr guter siebter Platz in der Gesamtwertung für ihn heraus – eine Pole in Assen und der zweite Platz in Aragon waren die Highlights für Aleix.

Dann kehrte Suzuki für 2015 in die Weltmeisterschaft zurück und Aleix’ lang ersehnter Traum von einem Werksvertrag wurde endlich wahr... an der Seite des aufstrebenden Stars Maverick Viñales. Aleix fuhr in diesem Jahr zehn Top-Ten-Platzierungen ein, sein bestes Resultat war ein sechster Platz, die Saison beendete er als Elfter in der Gesamtwertung.

Es konnte eigentlich nur noch besser werden – nicht für Aleix. Viñales holte 2016 den ersten Sieg für Suzuki seit dem Wiedereinstieg, Aleix wurde Ende des Jahres entlassen. Aprilia war 2015 ebenfalls wieder in die MotoGP eingestiegen und kämpfte um Ergebnisse und starke Fahrer. Es war ein vollwertiges Werksteam – Aleix stürzte sich darauf und wurde 2017 zum Stammfahrer neben Sam Lowes.

Der Erfolg bei Aprilia ließ auf sich warten, es folgte eine Umstrukturierung des Managements und ein großes Redesign. Aleix hielt dem Hersteller aus Noale auch in schwierigen Zeiten die Stange und baute eine Beziehung auf, die von gegenseitigem Respekt und offensichtlicher Zuneigung geprägt war. Die Ergebnisse blieben enttäuschend, das Motorrad wurde aber besser – nicht zuletzt wegen des Beitrags des erfahrenen Aleix.

Das Fahrwerk und die Aerodynamik wurden verbessert. Vor allem aber brachte das neue Motorenkonzept für 2020 die Wende – man wechselte von einem markentypischen V4 mit engem Zylinder-Winkel (72 Grad) zum Klassenstandard mit 90 Grad. Klar gab es Kinderkrankheiten, aber 2022 war die RS-GP «das beste Motorrad, das ich je gefahren bin». Bereits beim dritten Rennen holte Aleix in Argentinien seinen ersten Sieg und den ersten Triumph für Aprilia in der MotoGP. Er führte die Meisterschaft an und blieb bis zur finalen Phase der Saison 2022 in Schlagdistanz.

Ein gutmütiges Motorrad, das sich besonders gut in schnellen, weiten Kurven fahren lässt, brachte ihm zwei weitere GP-Siege in Silverstone und Catalunya sowie zwei Sprint-Siege auf der letztgenannten Strecke ein. Ein weiterer Impuls kam von seinem neuen Teamkollegen Viñales: Die Wiederbelebung ihrer früheren Suzuki-Partnerschaft – Aleix war damals sein Mentor – war ein zusätzlicher Ansporn.

Aleix, der im Juli seinen 35. Geburtstag feiert, wird zum Ende des Jahres seine Karriere beenden. Das Ende der Karriere eines Fahrers, der jahrelang leicht zu vergessen und schwer ernst zu nehmen war – oder anders ausgedrückt, leicht zu unterschätzen war.


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