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Lewis Hamilton – Grossbritannien: Seltsame Beziehung

Von Mathias Brunner
Lewis Hamilton

Lewis Hamilton

​Grossbritannien hat eine seltsame Beziehung zu seinen Formel-1-Stars. Das war schon bei Nigel Mansell so, und auch Lewis Hamilton wird in seiner Heimat nicht uneingeschränkt geliebt. Warum eigentlich?

Formel-1-Superstar Lewis Hamilton hat in den britischen Medien richtig Prügel eingesteckt. Er fehlte am 12. Juli als einziger aktueller GP-Fahrer bei der begeisternden Formel-1-Show mitten in London. Später rechtfertigte sich der dreifache Champion damit, dass er sich optimal auf sein Heimrennen habe vorbereiten wollen. Hämische Bemerkungen im Fahrerlager: «Indem er auf Mykonos Party macht?»

Mercedes-Teamchef Toto Wolff hat zum Privatleben von Lewis verschiedene Male festgehalten: «So lange die Leistung von Hamilton stimmt, werden wir ihm ganz sicher nicht vorschreiben, was er in seiner Freizeit anstellt. Basta.»

Als neutraler Schweizer stelle ich fest: Die Briten haben zu Lewis Hamilton eine so widersprüchliche Beziehung wie früher zu Jackie Stewart oder Nigel Mansell. Die Engländer schnödeten über Stewart, weil er ohnehin ein Schotte ist. Und weil er gerne redet. Mansell war der Held der Arbeiterklasse, die Elite rümpfte hingegen die Nase über den Piloten mit dem stählernden Willen und einem Hang zum Jammern.

Und nun Lewis Hamilton: Die einen lieben ihn, weil sie wissen – hier ist einer der grössten Formel-1-Piloten am Werk. Andere verachten sein Jetset-Leben, bei vielen spielt der Neid eine Rolle. Dem Multimillionär wird vorgeworfen: Wenn er sein Land so liebt, wieso bezahlt er dann nicht in Grossbritannien Steuern, sondern lebt in Monaco? So etwas musste sich früher schon James Hunt anhören. Nur, dass der damalige McLaren-Fahrer Spanien als Domizil gewählt hatte.

Auf das ermüdende Thema Hautfarbe gehe ich gar nicht erst ein. Wer sich in den sozialen Netzwerken Kommentare anschaut, weiss innerhalb weniger Minuten, was ich da meine.

Punkto merkwürdiger Beziehung zur Heimat Grossbritannien sagt Hamilton meinem Kollegen David Tremayne vom «Independent»: «Ich glaube, dass ich in meinem Leben niemandem etwas zuleide getan habe. Habe ich den Eindruck, dass meine Liebe für Grossbritannien in gleichem Masse erwidert wird? Ich weiss es nicht. Ich finde, wenn ich zum britischen Grand Prix komme, schlägt mir immense Liebe entgegen. Und ich wurde zur Sportpersönlichkeit des Jahres gewählt, als die Leute per Telefon abgestimmt haben. Also erhalte ich offensichtlich viel Unterstützung.»

«Aber spüren die Menschen wirklich, wie sehr ich dieses Land liebe? Vielleicht nicht genug. Wenn ich auf dem Siegerpodest stehe und den Union Jack zeige, dann erkennen die Leute hoffentlich meinen Patriotismus. Ich bin sehr stolz darauf, Brite zu sein, aber vielleicht braucht das ein wenig Zeit einzusickern.»

Aber warum ist das so? «Keine Ahnung. Vielleicht wird von den Fans vieles missverstanden, was so über mich geschrieben wird. Liegt es möglicherweise an meinem Lebensstil? Oder daran, wo ich lebe? Wer weiss. Ehrlich gesagt, zerbreche ich mir darüber nicht zu sehr den Kopf.»

Reden wir hier möglicherweise vom britischen Phänomen, dass eben die Unterlegenden, die Underdogs, gefeiert werden? Dass es vielen Menschen in Grossbritannien schwerzufallen scheint, Erfolg ohne Scham zu feiern? Lewis: «Ich habe darauf wirklich keine Antwort.»

Wie würde Lewis Hamilton über einen Sir Lewis Hamilton denken? Der Mercedes-Star lacht: «Ich ergreife gerne jede Gelegenheit, die Queen zu treffen. Aber es fällt mir ein wenig schwer mir vorzustellen, dass ich zum Ritter geschlagen werde.»

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