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Mercedes-Benz stellt um: Aldo Costa tritt kürzer

Von Mathias Brunner
​Formel-1-Weltmeister Mercedes-Benz stellt sich für die Zukunft neu auf: Der langjährige Mitarbeiter Aldo Costa tritt kürzer und wird technischer Berater. Alle weiteren Platzwechsel im Überblick.

Aldo Costa, 57 Jahre alt, ein Mann, geerdet wie eine alte Sangiovese-Weinrebe aus seiner Heimatregion Parma. Der Italiener mit Ingenieurs-Diplom (Abschlussarbeit: Radaufhängungen eines Formel-1-Autos) war mit 27 Jahren bei Minardi der jüngste Chefdesigner der Vollgasbranche. 1997 holte ihn Ferrari nach Maranello, ein Jahr später war er Assistent des legendären Südafrikaners Rory Byrne. Ab 2005 zeichnete Aldo für die Ferrari-Renner als Designer verantwortlich, ab 2008 wurde er zum Technikchef befördert. Im Mai 2011 musste er inmitten eines lauen Saisonbeginns gehen – nach einem halben Jahr Pause heuerte er bei Mercedes an, als Konstruktionsleiter. Mit ihm hat Mercedes die WM-Titel von 2014 bis 2017 vier WM-Titel in Folge errungen. Nun ändert sich bei den Silbernen Einiges.

Mercedes stellt sich neu auf, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Aldo Costa übernimmt dabei Anfang 2019 die Rolle eines technischen Beraters. Er will mehr Zeit mit seiner Familie in Italien verbringen. In den letzten Monaten ist in die Konstruktions-Gruppe von Aldo Costa Bewegung gekommen. Neuer Konstruktionsleiter wird der 45jährige John Owen, der seit 2010 als Chefdesigner unter Aldo Costa gearbeitet hat. Zuvor arbeitete Owen als leitender Aerodynamiker bei Honda und Sauber, nach Hinwil gekommen war er als Aerodynamik-Ingenieur von Reynard. Owen ist direkt Technikchef James Allison unterstellt.

Aldo Costa: «Die letzten sieben Jahre mit Mercedes waren eine grossartige Erfahrung; sie waren nicht nur von beruflichem Erfolg geprägt, sondern auch von einer Lebenserfahrung, die mich und meine Familie bereichert und uns noch offener und internationaler gemacht hat. Als ich 2011 bei Mercedes begonnen habe, hat es nur wenige Wochen gedauert, um mich im Team einzuleben und mich der neuen Herausforderung zu widmen. Grund für die schnelle Eingewöhnung war die Einstellung meiner Kollegen, die mich mit offenen Armen willkommen geheissen haben und deren von Respekt und Zusammenarbeit geprägter Ansatz sich durch das gesamte Team zieht. Das trifft in besonderer Weise auf Toto zu: Wir beide teilen eine berufliche Herausforderung und eine private Leidenschaft für Racing und ich bin dankbar für sein Vertrauen und seine volle Unterstützung für das, was ich versucht habe zu erreichen. Wir haben das Team gedeihen und Erfolge einfahren sehen – und jetzt ist es an der Zeit, eine noch stärkere Gruppe zu formen, um uns den Herausforderungen des kommenden Jahrzehnts zu stellen. Während der letzten 12 Monate habe ich gemeinsam mit Toto und James einen langfristigen Nachfolgeplan entwickelt, um der nächsten Generation zu helfen, die Aufgaben in bestmöglicher Weise zu meistern.»

Parallel dazu verlässt Mark Ellis (54) seinen Posten als Direktor für Fahrzeugleistungsfähigkeit, Mitte 2019 nimmt der Engländer eine Auszeit. Ellis, Mechanik-Ingenieur der Universität Southampton ist seit dem Jahre 2000 in der Formel 1 tätig, zunächst bei British American Racing (BAR) in Brackley, im Range des Chefs für mechanisches Design, dann als Renningenieur bei Jaguar (2001), bevor er 2002 als Testchef zu BAR zurückkehrte. Er rückte 2008 als Chefingenieur zu Red Bull Racing und war einer der Männer im Hintergrund von Sebastian Vettels vier WM-Titeln 2010–2013. Seit 2014 war er wieder für den Rennstall aus Brackley tätig, aus dem inzwischen Mercedes geworden war.

Mark Ellis: «Nach 30 Jahren Vollgas im Motorsport, 19 davon in der Formel 1, habe ich mich zu einer Pause vom Sport entschlossen. Persönlich gesehen wird mir die hoffentlich wohlverdiente Pause die Möglichkeit geben, meine nächsten Schritte zu erwägen, während ich Teil der Mercedes-Familie bleibe. Professionell gesehen hat uns der Schritt ermöglicht, gemeinsam die Nachfolge strukturiert zu planen und der nächsten Generation den Raum zu geben, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Mein besonderer Dank gilt Toto, der mir den Freiraum gelassen hat, mich bestmöglich in diesem herausragenden Team einzubringen, und die Möglichkeit, an der unfassbaren Reise der letzten Jahre teilzunehmen.»

Der vor 45 Jahren an der Elfenbeinküste geborene Loic Serra wird (bislang leitender Techniker für Fahrzeugdynamik) wird Ende 2018 Nachfolger von Ellis, der ihm bis Mitte 2019 zur Seite steht. Der in Paris ausgebildete Serra begann seine Rennkarriere bei Michelin, wo er zehn Jahre lang als Spezialist für die Wechselwirkung zwischen Chassis und Reifen arbeitete. 2006 stiess er zu BMW-Sauber, dann holte ihn der damalige Teamchef Ross Brawn zu Mercedes, das war 2010.

Teamchef Toto Wolff: «Dies ist ein wichtiger Augenblick für unser Team und eine grossartige Chance. Wir haben immer wieder gesagt, dass man eine erfolgreiche Organisation nicht einfrieren kann. Es ist eine dynamische Struktur und ich bin stolz darauf, dass wir den Staffelstab reibungslos an die nächste Generation an Führungskräften aus unserem Team übergeben können. Wir haben bereits seit vielen Monaten mit Mark und Aldo darüber gesprochen, wie der Übergang am besten gestaltet und ihre Nachfolger aufgebaut werden können. Die beiden könnten als Persönlichkeiten verschiedener nicht sein, aber beide haben diese Unterschiedlichkeit respektiert und ihr Vermächtnis mit Mercedes wird noch viele Jahre überdauern. Seit meinen ersten Tagen beim Team 2013 haben Aldo und ich als gemeinsame europäische Expats häufig gemeinsam in Oxford zu Abend gegessen; im vergangenen Jahr hatten wir einige grossartige Tage gemeinsam im Auto bei der Mille Miglia. Dabei habe ich nicht nur eine herausragende Persönlichkeit kennengelernt, sondern auch jemanden, von dem ich viel lernen konnte - über die Formel 1 und die Bescheidenheit, die man braucht, um erfolgreich zu sein. Als Mark und ich uns kennenlernten, hätten wir uns den Erfolg, den wir in den Folgejahren gemeinsam erzielten, niemals träumen lassen. Die Zukunft des Teams strahlt hell mit John, Loic und der gesamten technischen Führungsmannschaft unter der Leitung von James Allison.»

Dieser James Allison meint: «Bereits vor über einem Jahr haben Aldo und Mark signalisiert, dass sie beabsichtigen, ihr Amt niederzulegen, und haben sich seitdem weiterhin mit Herz und Seele für das Team engagiert. Tagtäglich kämpfen die beiden mit unvermindertem Elan gegen unsere Konkurrenz und trotzdem ist ihnen kein Weg zu weit, um mich und andere bei der Planung und Umsetzung ihrer Nachfolge zu unterstützen. Mark und Aldo geben ein unvergleichliches technisches Vermächtnis an würdige und gut vorbereitete Nachfolger weiter, denen sie zuvor ein eindrucksvolles Beispiel erstklassiger technischer Führung waren.»

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