Fernando Alonso findet: Neue Punkteregel ist Quark
Fernando Alonso geht in Silverstone auf eine schnelle Runde
Und wieder einmal erhalten wir in der Formel 1 Antworten auf Fragen, die keiner gestellt hat. In der so genannten Strategiegruppe wird allen Ernstes darüber gesprochen, die WM-Punkteverteilung zu ändern und – halten Sie sich fest! – alle Fahrer mit Punkten zu belohnen.
Änderungen am Punktesystem hat es immer wieder gegeben, sehr zum Ärger von Statistikern, deren Tabellen zunehmen verwässert worden sind. Von 1950 bis 1959 erhielten die ersten Fünf WM-Punkte, dazu gab es einen Zähler für die beste Rennrunde. Ab 1960 fiel dieser Punkt weg, dafür erhielt nun der Fahrer auf Rang 6 auch einen WM-Zähler. Ab 1961 erhielt der Sieger neu neun statt acht Punkten. Die Verteilung 9-6-4-3-2-1 blieb dreissig Jahre unverändert.
Abgesehen von der verwirrenden Regel der Streichresultate (nur eine gewisse Anzahl Rennen zählt für die Wertung) blieb bis 1991 alles gleich: Dann erhielt der Sieger neu zehn Punkte. Von 2003 bis 2009 dann erhielten die ersten Acht Punkte (10-8-6-5-4-3-2-1). Seit 2010 fahren die ersten zehn Fahrer WM-Punkte ein, mit dem Schlüssel 25-18-15-12-10-8-6-4-2-1. Damit waren alle Vergleiche mit früher endgültig beim Teufel.
Nun also das Ansinnen, ab der Formel-1-Saison 2021 allen 20 Fahrern Punkte zu geben. Hintergrund: Es soll für die Fahrer attraktiver werden, um einen elften oder zwölften Rang genau so zu kämpfen wie heute um einen neunten oder zehnten.
McLaren-Star Fernando Alonso kann damit wenig anfangen, wie er im Rahmen des Silverstone-GP gesagt hat. «Ich finde, es muss schwierig sein, Punkte zu erkämpfen. Das zeichnet die Formel 1 aus. Als damals Jules Bianchi in Monaco den neunten Platz erkämpft hat, war das eine Riesenstory, ein Rennwunder, ein grosser Moment für den Sport. Wenn alle Fahrer Punkte erhalten, dann gehen solche einzigartigen Momente verloren. Punkte müssen doch etwas Exklusives bleiben.»
Verpönt: Doppelte Punkte beim WM-Finale und DRS
In Formel-1-Foren sind die Reaktionen auf «Punkte für alle» überwiegend negativ. Die Fans regen sind nicht zum ersten Mal über Bestrebungen auf, die Punktevergabe ohne Not zu verwässern. Sie erinnern sich an den Schwachwinn mit den doppelten WM-Punkten beim WM-Finale von Abu Dhabi 2014. Das kam so: Ende 2013 beschloss der damalige Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone, mit dem Segen der FIA, beim WM-Finale 2014 von Abu Dhabi doppelte Punkte zu vergeben. Dieses Show-Element stiess in Fan-Foren auf die üppige Ablehnung von 90 Prozent, und die Experten stimmten den Fans bei.
Christian Danner, Formel-1-Fachmann unserer Kollegen bei RTL, schimpfte damals: «Wann immer man in einen Wettbewerb künstlich eingreift, ist das zu verachten. Das ist einfach nur bescheuert! Man muss das Übel bei der Wurzel packen und die Autos gleichwertig machen. Dann braucht man keine künstliche Verfremdung der Weltmeisterschaft beim letzten Rennen. Beim Saisonfinale doppelte Punkte zu verteilen, ist eine krasse, glatte Fehlentscheidung.» Ex-Formel-1-Fahrer Martin Brundle haute in die gleiche Kerbe: «Doppelte Punkte beim Finale ist die Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat. Das ist der Bedeutung der anderen Rennen abträglich.»
Vielen GP-Fans ist schon der verstellbare Heckflügel zuwider. Dank DRS (drag reduction system), dem verstellbaren Heckflügel, fahren Piloten an ihren Gegnern oft so mühelos vorbei wie ein Porsche auf der Autobahn an einem Smart. Der verstellbare Heckflügel ist vielen Fans ein Dorn im Auge. Ein technischer Firlefanz, den man nie hätte einführen dürfen, so der Tenor.
Die Formel-1-Anhänger finden: Der Fahrer muss an Bord nur einen Knopf drücken, um den Wagen vor sich zu überholen. Will man das im Rennsport sehen? Oder ist DRS etwas, auf das man heutzutage nicht mehr verzichten kann, damit man überhaupt irgendwelche Überholmanöver sieht?
Weltmeister Lewis Hamilton ist bekanntermassen auch kein Freund davon: «Wir sollten in der Lage sein, dass wir in der Formel 1 echten Rennsport zeigen dürfen und nichts Künstliches wie DRS brauchen.»
Indy-500- und GP-Sieger Juan Pablo Montoya fand einen hervorragenden Vergleich: «Die Fans erhalten mehr Überholmanöver zu sehen. Das ist gut. Ich aber sehe das Überholen als Kunstform. DRS, das ist doch, als hättest du damals einem Picasso den Zugang zu Photoshop ermöglicht.»