Silverstone-Eklat: Trump-Anhänger Ferrucci reumütig
Bereut seinen Ausraster mittlerweile: Santino Ferrucci
Das Sündenregister, das Santino Ferrucci in Silverstone angelastet wurde, ist lang. Der Haas-Entwicklungsfahrer hatte sich erst einmal als Crash-Verursacher im Rennen und später auch auf der Auslaufrunde (!) Ärger eingehandelt. Ausgerechnet sein Trident-Teamkollege Arjun Maini, der seit diesem Jahr auch zum Haas-Nachwuchs gehört, war sein Opfer.
Doch damit nicht genug: Zudem war Ferrucci von einem Offiziellen gesehen worden, wie er mit nur einem Handschuh und dem Telefon in der Hand vom Formel-2-Fahrerlager zur Startaufstellung unterwegs war. Und zu allem Übel liess sich der 20-Jährige aus Connecticut auch gleich zwei Mal nicht blicken, als ihn die Offiziellen zu sich zitierten.
Diese zeigten kein Verständnis für das Fehlverhalten von Ferrucci und brummten dem US-Rennfahrer gleich vier Rennsperren und eine saftige Geldstrafe von 66.000 Euro auf. Ferrucci zeigte sich zunächst uneinsichtig und machte sich in den sozialen Medien auch noch lustig über Maini. «Wenn man auch zeigen würde, was er vorher gemacht hat, gäbe es von vielen Fans mehr Verständnis», twitterte er als Antwort auf einen entsprechenden Eintrag von Sky Sports F1. Viele Fans sahen das als Schuldeingeständnis.
Dieser und weitere Kommentare, die Ferrucci nach dem Rennen veröffentlichte, hat der Nachwuchspilot mittlerweile gelöscht. Stattdessen hat er nun eine ausführliche Entschuldigung veröffentlicht. Darin heisst es: «Ich möchte mich zutiefst für meine Aktionen am Sonntag im Formel-1-Rennen von Silverstone entschuldigen. Ich habe ein exrem schlechtes Einschätzungsvermögen an den Tag gelegt, als ich meinem Teamkollegen viel zu nahe gekommen bin, auswich und ihm dabei den Reifen aufschlitzte. Ich hatte sehr viel Glück. Dass sein Auto dabei keinen Schaden nahm.»
«Dahinter stand stand keine Absicht, kein Vorsatz oder irgendwelche Vergeltungsabsichten, nur Wut und viel Frust, weil das ein schreckliches Jahr war», erklärt der Amerikaner mit italienischen Wurzeln weiter. Und er schreibt auch: «Ich habe keine Entschuldigung für meine Taten ausser dass ich ein 20-jähriger Italo-Amerikaner bin, der diesen hochemotionalen Sport mit viel Herzblut betreibt. Und auch wenn meinem Ausraster viel Provokation vorausgegangen ist, so ist das immer noch keine Entschuldigung und ich werde sicherstellen, dass dies nicht mehr geschieht.»
«Mir ist bewusst, dass ich viele Leute beschämt habe, und ich möchte mich bei meinen Sponsoren, meinem Team Trident, meinen Teamkollegen, bei Haas, der FIA und der Formel 2 sowie bei meinen Fans, Freunden und meiner Familie dafür entschuldigen», zeigt sich Ferrucci reumütig, der es auch nicht verpasst, sich bei den Rennkommissaren für sein Fernbleiben zu entschuldigen.
«Ich wurde zu einem Doping-Test gerufen – wie andere auch – und das hat meine Rückkehr ins Fahrerlager um mehr als eine Stunde verspätet», behauptet Ferrucci. «Ich musste dann ziemlich schnell packen, um meinen Flug in die USA zu erwischen, weil es um ein sehr dringendes medizinisches Problem in meiner Familie geht. Ich wurde zitiert, als ich bereits im Begriff war, zu gehen, und ich habe ein E-Mail an meinen Teammanager geschickt, er möge den Regelhütern erklären, warum ich keine andere Wahl hatte, als zu gehen.»
Weitere Details zu seiner fluchtartigen Abreise gibt der Haas-Entwicklungsfahrer nicht preis. Für Schlagzeilen sorgte nicht nur das Fehlverhalten und die in der Geschichte der Formel 2 einmalige Strafe von Ferrucci, sondern auch ein Antrag an die FIA, der vor dem Silverstone-Wochenende eingereicht wurde, um das Auto mit dem Slogan «Make America Great Again» des umstrittenen US-Präsidenten Donald Trump zu versehen. Dieser wurde in einem Schreiben der FIA mit Verweis auf die Regel abgelehnt, dass politische Aussagen bei den Lackierungen untersagt sind.
Trident-Teamchef Maurizio Salvadori bestätigte den Kollegen von Crash.net, dass diese Anfrage auf Drängen von Ferruccis Vater eingereicht wurde, obwohl das Team-Oberhaupt seinem Schützling und dessen Anhang erklärt hatte, dass dies ein Verstoss gegen das Werbeverbot für politische Parteien und Standpunkte darstellt.
«Jeder in der Motorsport-Welt weiss das. Als die Ferrucci-Familie mit diesem Wunsch zu mir kam, versuchte ich ihnen klar zu machen, dass dies nicht gehe. Sie bestanden darauf, eine schriftliche Erklärung von der FIA zu bekommen, die ich ihnen dann auch gleich weitergeleitet hatte», erzählte Salvadori.
Das Trident-Team hatte sich gleich nach dem Rennen auf die Seite von Maini gestellt und in der Erklärung auf Twitter auch angedeutet, dass dies nicht die erste Verfehlung Ferruccis war. «Trident spricht Arjun Maini und seiner Familie seine Solidarität für die Unsportlichkeiten und das unzivilisierte Verhalten aus, die nicht nur an diesem Wochenende von Santino Ferrucci und seinem Vater ausgingen.»
Haas-Teamchef Günther Steiner hielt sich nach dem Eklat bedeckt. «Ich weiss, was passiert ist, aber ich will mir die Szenen erst in der kommenden Woche genauer ansehen», winkte der Südtiroler ab.