MotoGP-Finale: Verschiebung, Verlegung, Absage?

FIA hält ihr Versprechen: Überholen ab 2019 einfacher

Von Adam Cooper
Die Formel 1 in Australien: meist wie Perlen an einer Schnur

Die Formel 1 in Australien: meist wie Perlen an einer Schnur

​Die aktuellen Formel-1-Renner sind sauschnell – aber es liegt in ihrer Natur, dass es kaum möglich ist, sich im Windschatten des Gegners zu halten, geschweige denn zu überholen. Die FIA handelt.

Jetzt haben wir die schnellste Formel 1 aller Zeiten, aber die beste ist das nicht. Wenn wir die Faust ins Gesicht namens Schutzbügel Halo mal vergessen – die Renner haben herrlich fette Hinterreifen, sie bauen mehr Abtrieb auf, aber leider bedeutet all dies auch: Überholen ist noch schwieriger geworden. Mit nur fünf echten Überholmanövern beim Saisonauftakt in Australien ist das offensichtlich.

Keiner hat das besser erklärt als Toro Rosso-Teamchef Franz Tost: «Wir haben dank anderer Aerodynamik mehr Abtrieb erhalten, dazu mehr mechanischen Grip über die breiteren Reifen. Das erzeugt auch den Effekt, dass die Bremswege noch kürzer werden. Wer sich am Ende der Start/Ziel-Geraden von Barcelona an die Strecke stellt und die ultrakurzen Bremswege beobachtet, der muss sich nicht darüber wundern, dass es kaum richtige Überholmanöver gibt. Wie soll das auch gehen? In der Kurve zuvor kann ich als Fahrer meinem Gegner nicht nahe genug folgen, um auf der folgenden Geraden vom Windschatten zu profitieren. Denn in der verwirbelten Luft rutscht der Verfolger untersteuernd herum. Durch mehr Abtrieb und breitere Reifen haben wir Autos, die auf den Geraden weniger schnell sind als zuvor, daher ist die Bremszone weiter geschrumpft. Daran muss dringend gearbeitet werden.»

Und genau das tut Ross Brawn, früherer Technikchef von Benetton und Ferrari, dann Teamchef mit BrawnGP (Weltmeister 2009), später jener Mann, der bei Mercedes das Fundament zu vier WM-Titeln in Folge baute.

Heute arbeitet Brawn für die Formel 1 an der Entwicklung von Technik und Reglement. Ein erheblicher Teil seiner Aufgabe: Die Formel 1 interessanter gestalten, also Überholvorgänge erleichtern.

Wie das gehen soll, wird Brawn am Samstagmorgen den Technikchefs präsentieren. Die Zeit drängt. Denn für Änderungen zur Saison 2019 hin, wie von Brawn angestrebt, muss das Reglement bis Ende April 2018 feststehen.

Nach dem 30. April 2018 sind Änderungen noch möglich, sie bedürfen aber der Einwilligung aller Teams. Die Formel-1-Historie zeigt, wie schwierig das ist. Einer sagt immer nein.

Gemäss Ross Brawn und seiner rechten Hand Jason Sommerville sollen zwei Änderungen besseren Sport bringen: Eine grössere Klappe am Heckflügel. Sie stellt sicher – wenn der Heckflügel flachgestellt wird, gewinnt der Verfolger mehr Geschwindigkeit. Das so genannte «drag reduction system» (DRS) wird also wirkungsvoller.

Das löst jedoch nicht das grundsätzliche Problem: Die heutigen Frontflügel sind viel zu effizient. Sommerville hat daher vorgeschlagen, den Flügel zu vereinfachen. Es geht vor allem um die zahlreichen Zusatzelemente, welche den Luftstrom um die Vorderräder herum leiten. Die heutigen Frontflügel sind wahre Wunderwerke von Mehrteilern mit bis zu zwanzig einzelnen Elementen. Ein vereinfachter Flügel soll ein grösseres Loch in die Luft schaufeln und Verwirbelungen verringern. Ross Brawn bei SiriusXM: «Der Frontflügel ist der heikelste Bereich. Aber er ist nicht der einzige, an dem wir arbeiten. Ich finde auch die ganzen seitlichen Luftleit-Elemente zu hochgestochen und sensibel. Das gilt des weiteren für Bereiche am Heck mit dem aufsteigenden Ende des Bodens, mit dem Diffusor.»

«Wir kennen die Zahlen genau, wie stark das Auto eines Verfolgers Abtrieb einbüsst, wenn er in die Turbulenzen des Vordermannes gerät. Ein grösserer Schritt wird für 2021 kommen. Aber was wir auf dem Weg bis dahin schon machen können, wollen wir erledigen.»

Die Lösung für 2021 kann nur lauten: Abtrieb nicht über die Flügel, sondern über den Boden.

Die Teams haben signalisiert: Sie können mit den Änderungen für 2019 leben, wenn sie wirklich bis 30. April abgesegnet sind. Das gibt ihnen genügend Zeit, im Windkanal neue Lösungen zu erforschen.

Beschlossene Sache für 2019: Ein Mindestgewicht von 80 Kilo für den Fahrer. Wessen Pilot weniger wiegt, muss Zusatzgewicht ins Auto packen. Damit sollen grössere und schwerere Piloten nicht durch ihren Körperbau bestraft werden. Die seitlichen Luftleit-Elemente (barge boards) werden in einem ersten Schritt vereinfacht, dazu darf das Endrohr des Auspuffs nicht mehr nach oben weisen, um die Effizienz des Heckflügels zu erhöhen.

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